Erinnerung an den »Gaskrieg« zwischen Moskau und Kiew

Präsidentschaftskandidat Poroschenko fordert deutschen Boykott und Timoschenkos Rückzug / Russische Rockmusiker gegen »Bruderkrieg«

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Handelsschranken zur EU fallen und Kredite sind angekündigt. Doch die Ukraine bleibt in Geld- und vielen anderen Nöten.

»Ab 15. Mai ist der europäische Markt für ukrainische Waren und Leistungen offen«, freute sich am Mittwoch der ukrainische Übergangspremier Arseni Jazenjuk. Damit hofft die Wirtschaft des Landes auf eine Entlastung von 400 Millionen US-Dollar noch in diesem Jahr. Gute Nachricht gab es auch aus Washington. Dort billigte der Kongress Kreditgarantien über eine Milliarde Dollar.

Selbst diese Beihilfen reichen aber nicht annähernd aus, im Gasstreit mit Russland auf einen auch nur zart grünen Zweig zu kommen. Nach der Preisanhebung um 44 Prozent wegen ausgebliebener Zahlungen von 1,7 Milliarden US-Dollar erinnerte die Moskauer »Nesawissimaja Gaseta« an den »Gaskrieg« im Januar 2009. Damals wurden zwischen 1. und 20. Januar Lieferungen und Transit nach Europa gestoppt. Russlands Vizepremier Arkadi Dworkowitsch schloss indes in Dresden eine Unterbrechung der Lieferungen aus.

Der Analyst der Sberbank, Valeri Nesterow, wurde zudem von RIA-Novosti mit der »Beruhigung« zitiert, die »schlimmste Phase« des Konfliktes sei vorüber. Kiew könne den Verbrauch um ein bis zwei Milliarden Kubikmeter monatlich kürzen und dank der IWF-Kredite seine Schulden begleichen.

Der Oligarch Petro Poroschenko, Kandidat für die ukrainische Präsidentschaft, Süßwarenfabrikant und Euro-Milliardär, ist anderen Sinnes. Er forderte von der deutschen Bundesregierung einen Boykott von Gas, »bis Russland die Invasion auf der Krim beendet«. Dafür und im Machtkampf diente ihm - nach dem Vorbild Vitali Klitschkos - die deutsche »Bild«-Zeitung. Ihr vertraute er auch die Missbilligung einer Kandidatur Julia Timoschenkos an. Das Land könne »keinen schmutzigen Wahlkampf gebrauchen, der am Ende möglicherweise von Russland ausgenutzt wird und eine neue Invasion provoziert«.

Das Außenministerium in Moskau beklagte derweil das Einfrieren der Zusammenarbeit mit der NATO. Profitieren würden davon in erster Linie Terroristen und das organisierte Verbrechen. Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Duma, Alexej Puschkow, sagte laut Interfax, die NATO habe ihren Sinn mit dem Zusammenbruch des Kommunismus verloren und wolle nun frisches Blut in ihre Adern pumpen.

Hingegen »inakzeptabel, illegal und absurd« nannte der russische Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch den Stopp des Geld-Transfers eines russischen Diplomaten durch die US-Bank JP Morgan. »Jegliche feindselige Handlung gegen russische Diplomaten« sei »Auftakt zu Vergeltungsmaßnahmen«.

In Kiew blieben Verantwortliche uneins über den Umgang mit Rechtsextremisten. Es gebe keine Kooperation mit dem Rechten Sektor, erklärte Wladimir Grinjak, im Innenministerium verantwortlich für öffentliche Sicherheit, der Agentur UNIAN. Doch er habe nichts gegen Zusammenarbeit. Nach einer Schießerei in Kiew hatte das Parlament die Entwaffnung paramilitärischer Gruppen wie des Rechten Sektors angeordnet sowie Geheimdienst und Innenministerium beauftragt, gegen extremistische Organisationen vorzugehen.

Für Entspannung zwischen Russland und der Ukraine setzten sich russische Rockmusiker ein, darunter Juri Schewtschuk, Sänger der Petersburger Kultband DDT. Unter der Überschrift »Nicht schießen!« schrieb er in seinem Blog: »Jeder von uns muss alles tun, um einen Bruderkrieg zu verhindern.« Mit Agenturen

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