Landesfürsten legen Mängelliste vor
Bundesrat drängt auf Einhaltung finanzieller Zusagen
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer wählten eine besondere Form des Kommentars zum in dieser Woche im Bundestag beschlossenen Bundeshaushalt. Im Bundesrat präsentierten sie am Freitag eine Liste, die es nicht nur wegen der Milliardenbeträge in sich hat, die darin gefordert werden. Denn ihre politische Botschaft hat ein besonderes Geschmäckle: Die Länder zweifeln offen daran, dass der Bund sich an die den Ländern in der Koalitionsvereinbarung gemachten Versprechen zu halten gedenkt.
Es geht zunächst um fünf Milliarden Euro bei der Eingliederungshilfe für Behinderte, die der Bund übernehmen soll. Das Gesetz zur Eingliederungshilfe komme zu spät, kritisierte Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) in der Länderkammer. Die den Kommunen zugesagte erste Milliarde müsse noch 2014 fließen, nicht erst 2015. Auch der Rest solle noch in dieser Legislaturperiode bereit gestellt werden. Darüber hinaus wollen Länder mehr Investitionen in Verkehrswege, Städtebau und Breitband-Internet.
Es sind zum einen die SPD-Finanzminister Carsten Kühl (Rheinland-Pfalz) und Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen), die auf die Einhaltung der Versprechen pochen, zum anderen ist der Grüne Kretschmann nicht nur mit der Umsetzung der Finanzzusagen an die Länder unzufrieden. Bei der Energiewende unterstellte Kretschmann dem Bund de facto einen Wortbruch. Denn die unlängst vom Kabinett beschlossene Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) »falle in wichtigen Teilen hinter die den Ländern gegebenen Zusagen zurück«, sagte er im Vorfeld des Bundesratsplenums. Allerdings verstand er seine Kritik auch mit einem schwarz-grünen Augenzwinkern zu verbinden: Die hohen Rentenausgaben sind für ihn dann doch »ein bisschen zu viel Vergangenheit« im Etat. Diese Geste in Richtung der Kritiker der Rente mit 63 in der Union dürfte nicht unbemerkt geblieben sein.
Ein Antrag aus dem Gesundheitsausschuss fordert außerdem, dass der Bund Kürzungen des Zuschusses an den Gesundheitsfonds um sechs Milliarden Euro für die Jahre 2014 und 2015 wieder zurücknimmt. Doch im Plenum verließ offensichtlich einige Landesfürsten der Mut, und es wurde lieber nichts dazu beschlossen.
Bei anderen Themen zeigte sich die Länderkammer konfliktfreudiger. Der Bundesrat möchte vom Bund mehr Verbotsmöglichkeiten beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Außerdem drängt er beim Gesetz zur Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften auf eine weitergehende Gleichberechtigung homosexueller Paare beim Adoptionsrecht. Als nicht ausreichend erachten die Länder die Möglichkeiten zu Bekämpfung von Steuerstraftaten im Bankenbereich. Deswegen schlagen sie in einem Gesetzentwurf vor, Banken, bei denen Steuerstraftaten gehäuft auftreten, künftig die Geschäftserlaubnis zu entziehen.
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