Letzter Ausweg für junge Mütter

Anfang Mai geht im Klinikum Kaulsdorf die erste Babyklappe im Ostteil der Stadt in Betrieb

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Mütter in extremen Notsituationen steht ab Anfang Mai im Vivantes Klinikum Kaulsdorf eine Babyklappe zur Verfügung. Es ist die erste im Ostteil der Stadt.

Genau vor einem Jahr hatte Arche-Gründer Bernd Siggelkow gefordert, eine Babyklappe im Bezirk Marzahn-Hellersdorf einzurichten. Anlass war der Fund einer Babyleiche in unmittelbarer Nähe der wohltätigen Kinderbetreuungseinrichtung am Beerenpfuhl. »Ich bin sehr froh, dass die Politik schnell reagierte und vom Klinikum Kaulsdorf die besondere Vorrichtung geschaffen wurde«, sagt Siggelkow. Für ihn sei es ein historisches Ereignis, dass das erste Babyfenster im Ostteil Berlins in Hellersdorf in Betrieb gehe. Bislang gibt es in der Hauptstadt an vier Standorten Babyklappen - an Krankenhäusern in Neukölln, Spandau, Tempelhof und Zehlendorf.

Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hat von Anfang an die Forderung des Arche-Gründers unterstützt. Er ließ zunächst die Kliniken im Umfeld auf ihre Eignung prüfen. Letztendlich fiel die Wahl auf die »ebenfalls sehr interessierte Vivantes-Einrichtung in Kaulsdorf«, erklärt deren Pressesprecherin Astrid Steuber.

Zur Umsetzung wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, in der Ärzte, Schwestern und Hebammen gemeinsam mit einer Baufirma den passenden Einbauort bestimmten. Mittlerweile ist das Babynest - für das Hilfsangebot existieren mehrere Bezeichnungen - an einer nicht einsehbaren und nicht videoüberwachten Gebäudeseite im Münsterberger Weg installiert.

Hinter der Öffnung befindet sich ein beheizter Raum mit einem Wärmebett. Wird ein Neugeborenes hinein gelegt, erscheint kurz darauf ein Signal auf der Wochenstation und im Kreißsaal. Das Kind wird herausgenommen und ärztlich versorgt. »Wenn es uns gelingt, auch nur einen Todesfall zu verhindern, so hat sich unsere Mühe gelohnt«, ist Dr. Bodo Müller, Chefarzt der Geburtsklinik überzeugt. Auch Gesundheitssenator Czaja betont: »Einrichtungen der Babyklappen und der anonymen Geburt sind geeignete niedrigschwellige Möglichkeiten, den Frauen zu helfen, die sich in einer extremen Notlage befinden und über normale Beratungsangebote nicht mehr zu erreichen sind.«

Rechtlich und moralisch sind Babyklappen nach wie vor umstritten. »Sie bieten jedoch in jedem Fall einen Ausweg für psychisch stark belastete Mütter, die ihr Kind anonym weggeben möchten«, erklärt Zoe Dahler (LINKE), Vorsitzende des Marzahn-Hellersdorfer Gesundheits- und Sozialausschusses. Dass solche Angebote gebraucht werden, verdeutlichen die Zahlen: Zwischen 2001 und 2012 wurden in Berlins Babyklappen insgesamt 47 Kinder gelegt.

Die Marzahn-Hellersdorfer Bezirksverordneten haben in ihrer März-Sitzung mehrheitlich eine Beschlussempfehlung verabschiedet, bei der es außerdem um die »Möglichkeit der vertraulichen Geburt« geht.

Das bedeutet: Mütter in Not bringen in einem medizinisch sicheren Umfeld das Kind zur Welt und hinterlassen in einem verschlossenen Schreiben ihre Identität. »Das Bezirksamt soll dieses Angebot noch bekannter machen und unterstützen«, betont Gordon Lemm, SPD-Fraktionsvorsitzender, der den Ursprungs-Antrag einbrachte.

Gesundheits- und Sozialstadträtin Dagmar Pohle (LINKE) ist jetzt am Zug. In ihrem Amt werden deshalb »die bundesrechtlichen Reglungen und Verfahren im Bezirk zusammengetragen und geprüft«. Die Politikerin hält allerdings nichts davon, die Informationen danach »wild zu streuen und in allen öffentlichen Einrichtungen zu hinterlegen«. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, die Infos dort anzubieten, wo auch die richtigen Ansprechpartner vor Ort sind. »Unser Netzwerk rund um die Geburt oder die Schwangerschaftskonfliktberatung bieten sich beispielsweise dafür an«, sagt Dagmar Pohle.

In der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde ebenso über die Themen vertrauliche Geburt und Babyklappe diskutiert. »Wir wollen nicht für die Babyklappe die Werbetrommel rühren sondern verstehen sie als Hilfe für Frauen in Not«, betont Zoe Dahler. Um das Angebot bekannt zu machen, soll an der Kaulsdorfer Klinik auch ein Hinweisschild samt Piktogramm angebracht werden.

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