Springer macht Front gegen sowjetische Panzer

Berliner Senat lehnt Demontage von Ehrenmal ab / Sprecherin weist Aktion von Boulevardblättern zurück: »Zeugnis der Befreiung von der Diktatur«

  • Lukas Philippi
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Aus Protest gegen die Ukraine-Politik Russlands sollen die historischen Panzer vor dem sowjetischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten entfernt werden. Das ist das Ziel einer Petition an den Bundestag, welche die beiden Boulevardblätter »Bild« und »B.Z.« initiiert haben. Der Berliner Senat lehnt das Ansinnen der Springer-Zeitungen ab. Die Bundesrepublik habe sich im Zuge der Wiedervereinigung zum dauerhaften Erhalt der in Berlin befindlichen sowjetischen Ehrenmale verpflichtet, sagte eine Sprecherin der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst. Dazu gehören neben der Gedenkstätte im Tiergarten unweit des Brandenburger Tores auch die Ehrenmale in Treptow und Pankow-Schönholz. Sie wurden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet. Rund 23.000 Soldaten und Offiziere der Sowjetarmee sind hier bestattet.

In der Petition heißt es, »in einer Zeit, in der russische Panzer das freie, demokratische Europa bedrohen, wollen wir keine Russen-Panzer am Brandenburger Tor«. Unterstützt werden kann die Unterschriften-Aktion an den Petitionsausschuss per Post, per Fax oder im Internet, wie die beiden Zeitungen in ihren Dienstagsausgaben berichten. »Die Petition von ,B.Z.' und ,Bild' verkennt den historischen Hintergrund«, kritisierte die Sprecherin der Senatsverwaltung, Daniela Augenstein. Die Ehrenmale seien auch heute noch »Mahnmale dafür, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben«. Sie seien »Zeugnis der Befreiung von der Diktatur des Nationalsozialismus und bedeutende Zeugen des Kriegsendes«. Dafür stünden auch die Panzer und Haubitzen am Ehrenmal in Tiergarten, »die im historischen Kontext zu beurteilen und heute kein Ausdruck militärischer Bedrohung sind«.

Die dauerhafte Pflege und Unterhaltung ist in zwei Abkommen geregelt: dem Deutsch-Sowjetischen Nachbarschaftsvertrag von 1990 und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Russischen Föderation über die Kriegsgräberfürsorge von 1992. Außerdem führt die Senatsverwaltung für ihre Position unter anderem den Denkmalschutz an. Auch heute finden vor den Ehrenmalen Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Krieges statt. Kriegsveteranen und Angehörige besuchen die Gräber der gefallenen Soldaten.

»Bild« hat die Aktion nach eigenen Angaben am Montag beim Bundestag angemeldet. Die Bundestagsverwaltung habe jetzt gut 14 Tage Zeit, diese zu prüfen und zuzulassen. In der Petition heißt es, der Bundestag »möge beschließen: Die russischen Panzer am Ehrenmal im Berliner Tiergarten sollen entfernt werden«. Begründet wird dies im Petitionstext unter anderem damit, dass Russland auf der Krim zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges mit Waffengewalt »die Grenzen der friedlichen Revolution neu gezogen« habe. Die Unterzeichner der Petition wollten aber nicht akzeptieren, dass militärische Gewalt im 21. Jahrhundert wieder zum Mittel der Politik in Europa wird, heißt es weiter.

Gleichzeitig wird in dem Text betont. »Wir wollen dem unermesslichen Leid und den Opfern des russischen Volkes im Zweiten Weltkrieg weder das ehrende Gedenken noch unseren Respekt verweigern.« Im hinteren Teil des Ehrenmals im Tiergarten befinden sich die Gräber von mehr als 2.000 gefallenen Sowjetsoldaten. Augenstein betonte dagegen, die Panzer sind nicht der heutigen Russischen Föderation zuzurechnen: »Sie stehen für die damalige Rote Armee der Sowjetunion, die im weiteren Verlauf der Geschichte sich aufgelöst hat.« Das im November 1945 eingeweihte Ehrenmal im Berliner Tiergarten wird von zwei »T 34«-Panzern flankiert. In der Mitte des Platzes steht die Bronzestatue eines Rotarmisten. An den dahinterliegenden Pfeilern sind Texte mit den Namen gefallener sowjetischer Soldaten angebracht. epd/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.