Den FC Bayern plagt die Ungewissheit
Die Münchner gehen nicht als Favorit in die Halbfinalduelle der Champions League mit Real Madrid
Pep Guardiola könnte seinen Spielern vom FC Bayern München viel über Real Madrid erzählen. Allein als Trainer des FC Barcelona traf er bis 2012 in vier Jahren 15 mal auf die Königlichen, als Spieler der Katalanen lieferte er sich von 1990 bis 2001 unzählige Duelle mit Real auf dem Rasen. Der Münchner Trainer ist ein Perfektionist, die Vorbereitung auf das Halbfinalhinspiel der Champions League am Mittwoch im Estadio Santiago Bernabéu wird akribisch wie immer gewesen sein - Gegneranalyse inklusive. Mehr Sorgen als der Gegner bereitet Pep Guardiola derzeit aber das Spiel der eigenen Mannschaft, entsprechend größer ist an dieser Steller der Gesprächsbedarf.
»Wir müssen es besser machen als Dortmund«, fordert Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern. Was vor drei Wochen noch die ganze Fußballwelt abgenickt hätte, ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Borussia war im Viertelfinale der Champions League an Real vor allem daran gescheitert, beim 0:3 im Hinspiel in Madrid trotz großer Chancen kein Tor geschossen zu haben. Das 2:0 im Rückspiel war dann zu wenig. Der Matchplan der Münchner für den Mittwochabend steht fest: »Ein brauchbares Ergebnis«, formulierte Rummenigge zurückhaltend, »und dazu gehört, dass man dort ein Tor erzielt.«
Die Münchner haben zwar zuletzt wieder getroffen. Doch weder die späten Tore zum 2:0 beim Abstiegskandidaten Eintracht Braunschweig noch das 5:1 im Halbfinale des DFB-Pokals gegen den 1. FC Kaiserslautern konnten den Glauben an die eigene Stärke wirklich zurückbringen. »Wir sind kein Favorit mehr«, sagte Bayerns Flügelflitzer Arjen Robben vor dem Halbfinalhinspiel. Die Ungewissheit, wie weit man nach dem Meisterschaftskater noch von alter Form und Stärke entfernt ist, haben die Münchner mit nach Madrid genommen. Nachdem der Titel in der Bundesliga Ende März gewonnen war, folgten drei Spiele ohne Sieg. Bei den Niederlagen gegen Augsburg und Dortmund blieb der FC Bayern gar ohne eigenes Tor. Gegen den BVB und beim Remis gegen Hoffenheim kassierten die Münchner drei Gegentore. Das über lange Zeit geniale Konstrukt ist aus den Fugen geraten: Plötzlich war der FC Bayern hinten anfällig und vorn zu harmlos, allein der Ballbesitz blieb den Münchnern.
Für Spiele gegen Real Madrid sind das keine guten Voraussetzungen. Der neue Trainer Carlo Ancelotti hat die spanische Mannschaft sogar noch offensiver ausgerichtet. Im 4-3-3-System stürmen Cristiano Ronaldo links, Gareth Bale rechts und Karim Benzema im Zentrum. Auch die Dreierreihe dahinter ist mit Luka Modric, Angel di Maria oder Isco noch sehr kreativ besetzt. In bisher 33 Ligaspielen schoss Real 94 Tore, 32 in den zehn bisherigen Partien der Champions League. Wie anfällig der FC Bayern gegen eine schnelle, spielstarke und passsichere Offensive ist, bewiesen die Dortmunder beim 3:0 vor zwölf Tagen.
Es waren ebenfalls die Dortmunder, die aufzeigten, wie Real beizukommen ist. Im Viertelfinalrückspiel der Champions League hatte der BVB permanenten Druck ausgeübt und war in seinen Offensivaktionen meist zielstrebig - und brachte Real so mit zwei Toren arg in Bedrängnis. Ein stabiles Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive hat auch Ancelotti bisher nicht gefunden. Mit 32 Gegentreffern hat Real die meisten aus dem Spitzentrio der spanischen Liga; Atletico Madrid kommt auf 22, der FC Barcelona auf 28.
Seinen ersten Titel hat der italienische Trainer mit den Königlichen aber dennoch schon gewonnen. Am vergangenen Mittwoch besiegte Real Madrid im spanischen Pokalfinale den FC Barcelona mit 2:1. Im Halbfinale wurde Stadtrivale Atletico nach Hin- und Rückspiel 5:0 geschlagen. Real Madrid geht also mit viel Selbstvertrauen und Rückenwind ins Halbfinale der Champions League, die Leistungskurve zeigt - im Gegensatz zu den Münchnern - nach oben.
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