Gibt es einen atomaren Gruß aus Nordkorea?

Auch Chinas Schatten liegt über der Asien-Reise des US-Präsidenten

  • Daniel Kestenholz, Bangkok
  • Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Obama will sich auf seiner Asien-Tour der treuen Partnerschaft in der Region versichern, während man dort von Washington vor allem Sicherheitsversprechen erwartet.

Herzstück der Reise Barack Obamas durch Asien soll ein in Manila unterzeichnetes Sicherheitsabkommen werden, das US-amerikanischen Kampffliegern und Kriegsschiffen praktisch uneingeschränkten Zugang zu philippinischen Militärstützpunkten gibt. Doch dieser Pakt ist eher ein Verlegenheitsvertrag, der die Kräfteverhältnisse in Asien nicht grundsätzlich neu ordnen wird. Vielmehr scheint Washington vor allem eine »Provokation« Chinas vermeiden zu wollen, das seine territorialen Ansprüche nach Belieben über Inseln und Atolle ausweitet, die auch von regionalen Nachbarn beansprucht werden.

Präsident Obama wird am Freitag aus Tokio kommend in Seoul erwartet; anschließend reist er weiter nach Malaysia und auf die Philippinen - alles Länder, die mit China in Konflikt um Territorialansprüche im Süd- und Ostchinesischen Meer stehen. Doch was immer die US-Amerikaner unterzeichnen, Peking sieht keinen Gesprächsbedarf. Auch nicht im Inselstreit mit Japan. China »macht keinen Kompromiss, kein Zugeständnis, kein Abkommen«, hat Verteidigungsminister Chang Wanquan schon vergangenen Monat seinem Washingtoner Amtskollegen Chuck Hagel erklärt. »Unser Militär kann jede Schlacht gewinnen.« Obama sieht sich zudem im Dilemma, dass sich die meisten asiatischen Staaten die USA zwar als stabilisierende Kraft in ihrer Region wünschen, doch nicht als eine, die dabei China aufreibt.

Der zuletzt gewachsenen Distanz zwischen Asien und den USA nicht genug, wird Obamas ohnehin schwierige Mission noch dadurch kompliziert, dass die beiden globalen Wirtschaftsmotoren und wichtigen US-amerikanischen Partner Japan und Südkorea kaum mehr miteinander sprechen, weil immer wieder ihre Geschichte die Gegenwart überschattet. Andererseits siegt trotz oftmals scharfer Rhetorik zwischen Asiens nordöstlichen Nachbarn am Ende gewöhnlich Pragmatismus über nationalistische Parolen. Selbst der Handel zwischen den sich verbal stets bekriegenden China und Japan blüht.

Waren die USA Jahrzehnte lang Garant für Asiens Aufschwung und Wirtschaft, nabelte sich Fernost zuletzt nach und nach vom Einfluss der alten Schutzmacht ab. Nach Einschätzung von Experten in der Region ist US-Präsident Obama in Asien selbst verschuldet nicht länger vorrangig Akteur, sondern vor allem Beobachter. Hatte sich etwa die Bush-Regierung - wenn auch widerwillig - noch aktiv um eine Lösung des Konflikts auf der koreanischen Halbinsel bemüht, ignoriert das Weiße Haus nun Pjöngjang mit seiner Politik der »strategischen Geduld«, was das isolierte Regime regelmäßig zu neuen Drohgebärden provoziert. So gab es auch im Vorfeld der Reise des US-Präsidenten Hinweise, dass Nordkorea die dank Obama auf Asien gerichtete weltweite Aufmerksamkeit für einen neuerlichen Atomtest nutzen könnte.

Seoul will auf Punggye Ri, dem wichtigsten Nukleartestgelände Nordkoreas, vermehrt Aktivitäten registriert haben. Für Pjöngjang, das aus Protest gegen gemeinsame Militärmanöver der USA und Südkoreas seit Wochen mit scharfen Gegenmaßnahmen droht, wäre ein Atomtest mit Obama im Nachbarland ein denkbares Druckmittel, um eine erwartbar empörte Weltgemeinschaft dazu zu zwingen, die Pekinger Sechsergespräche über das eigene Nuklearprogramm wieder aufzunehmen. Südkorea dagegen fordert angesichts eines möglichen neuen Atomversuchs ein Machtwort Chinas. Staatschef Xi Jinping müsse »weitere Anstrengungen« unternehmen, um einen neuen Test zu verhindern, ließ die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye nach einem Telefonat beider Politiker am Mittwoch in Seoul mitteilen.

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