Auf der Matte der Tatsachen
Der Landessportbund stellt seine Arbeit zum Thema Inklusion vor
Fabians Blick klebt an seinem rechten Ruderblatt. Kurze Konzentrationsphase, dann gibt Trainerin und Steuerfrau Monika Tampe das Signal. Die »Gut Drauf«, ein 4er-Riemenboot, schneidet das Wasser der ruhigen Havel in zwei Teile und ist weg. Der 28-jährige Fabian Neitzel ist Vizeweltmeister und seit über zehn Jahren beim Spandauer Verein Hevella - und er ist geistig behindert. »Inzwischen sind die Gehandicapten im Verein eine feste Bank«, erzählt Tampe den auf dem Steg wartenden Journalisten nach einer kurzen Runde auf dem Wasser. Der Landessportbund Berlin (LSB) hatte am Donnerstag zu der Informationstour »Inklusion im Sport« geladen. Tampe engagiert sich seit 2003 in ihrem Verein für die Förderung von Jugendlichen mit Handicap, was nicht bei allen im Club sofort auf Begeisterung stieß. Ihre eigene Tochter ist geistig behindert und bei Hevella aktiv. »Auf einer Regatta in Grünau dachte ich: Was die anderen können, kann meine Tochter auch«, sagt Tampe, die resolut bei ihrer Idee blieb. Der Verein schickte mittlerweile Olympiateilnehmer nach Peking und London.
Fünf Jahre ist es her, seit Bundestag und Bundesrat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifizierten. Inzwischen sei man beim LSB ganz gut aufgestellt, sagt Gudrun Doll-Tepper, Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes und des LSB. Mit dem Behinderten-Sportverband Berlin, der Gehörlosen-Sportverband Berlin-Brandenburg und dem Special Olympics Deutschland Berlin-Brandenburg sind die Berliner Vereine mittlerweile gut untereinander vernetzt. Und im vergangenen Jahr hat sich mit dem »Netzwerk Inklusion«, dem unter anderem der LSB, die Sportjugend Berlin und der Hochschulsport der Freien Universität angehören, ein wichtiger Multiplikator gegründet, um das Thema Inklusion noch stärker in die Vereine zu tragen. Außerdem haben sich 50 ÜbungsleiterInnen in speziellen Kursen weitergebildet. Auch der Senat steuert im Haushaltsjahr 2014/15 insgesamt 200 000 Euro für spezielle Förderprogramme bei. »Der Andrang ist jetzt schon riesig«, sagt Andreas Statzkowski, Staatssekretär für Inneres und Sport. Da mit dem Geld aber auch Integrations-, Frauen- und Seniorenprojekte unterstützt werden, wird für Inklusion nicht viel übrig bleiben. Immerhin arbeitet man im Sportsenat gerade an einer Machbarkeitsstudie, die verdeutlichen soll, wie die komplette Renovierung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks zu einer behindertengerechten Sportstätte verlaufen soll.
Hamdy Mohamed ist Gründer und Trainer beim Judo Verein Ken Shiki in Berlin-Reinickendorf und einer der wenigen auf der Infotour, der nicht nur Gutes zu berichten hat. In seinem Kampfsport-Club trainieren über 40 sogenannte G-Judoka mit körperlicher oder geistiger Behinderung. Ken Shiki ist laut Mohamed der einzige derartige Judoverein in Berlin und hat die ersten Internationalen Deutschen Meisterschaften im G-Judo in Berlin organisiert. Neben dem Judo Verband Berlin (JVB) ist er auch Mitglied in einigen Behindertenverbänden, für alle muss er Beiträge zahlen, Reisen zu Landesmeisterschaften des JVB trägt der Verein oder die Mitglieder meist selbst. G-Judoka verdienen bei ihrer Arbeit in Behindertenwerkstätten allerdings nur sehr wenig Geld, weshalb Mohamad eine bessere Förderpolitik von BSB und JVB fordert, die er auch in einem Positionspapier verfasst hat, das er auf der Infotour verteilt. »Was soll denn aus dem G-Judo in Berlin werden, wenn ich mal nicht mehr bin?«, fragt er, der seit knapp 50 Jahren Judoka trainiert.
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