Russland rückt näher an China
Putin im Reich der Mitte: Gegen Isolierung durch den Westen weiß Moskau Rat
Der Westen, der Wladimir Putin als Strippenzieher des Separatismus auf der Krim und in der Ostukraine ansieht, droht Russland mit einer Verschärfung der Sanktionen. Vor allem Staatsunternehmen, die nach wie vor knapp die Hälfte der russischen Wirtschaftsleistung erbringen, könnten betroffen sein. Deren Kapitäne zucken nur bedauernd mit den Schultern: »Dann gehen wir eben auf andere Märkte«, sagt Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölkonzerns Rosneft. Die ewig hungrige Volkswirtschaft Chinas, wo Setschin auf dem Höhepunkt der Krim-Krise bereits Möglichkeiten zur Vertiefung der Kooperation sondierte, steht ganz oben auf Moskaus Prioritätenliste.
Setschins Bemühungen hatten offenbar auch schon Erfolg. Über 30 Regierungsvereinbarungen sollen während Putins Besuch unterzeichnet werden. Darunter ein Abkommen über Gaslieferungen im Umfang von 38 Milliarden Kubikmeter pro Jahr durch eine Pipeline, die 2018 ans Netz gehen soll. Mit Hilfe chinesischen Kapitals soll auch die Krim für die Moderne fit gemacht werden. Schon jetzt entfallen auf China knapp neun Prozent aller in Russland getätigten Investitionen. Der Handelsaustausch zwischen beiden Staaten hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt und erreichte 2013 ein Volumen von mehr als 95 Milliarden Dollar. Noch ist Moskaus Austausch mit der EU allerdings fünfmal höher. Größter Posten: Erdgas. 2013 pumpte Gasprom 163 Milliarden Kubikmeter Richtung Westen.
Peking hat zudem lebhaftes Interesse an Russlands neuen S-400-Luftabwehrsystemen. Putin, schreibt der Zeitung »Kommersant«, habe bereits zugestimmt. Das Reich der Mitte wäre damit erster Auslandsabnehmer der Systeme, denen die NATO nach russischer Darstellung nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hat. Acht Komplexe will der Rüstungsexporteur Rosoboronexport laut »Kommersant« ab 2015 liefern. Dessen Vertreter haben sich demzufolge im Nationalen Sicherheitsrat sogar gegen Bedenken von Inlandsgeheimdienst FSB und Generalstab durchgesetzt.
Eine drohende Isolierung Russlands durch den Westen würde Moskau nachgerade zu einem Militärbündnis mit China zwingen, fürchten sogar kritische Experten in Moskau. Zwar dementierte Putin solche Absichten mehrfach. Dennoch will er mit Gastgeber Xi Jinping zum Abschluss der Gespräche eine »Gemeinsame Erklärung über eine neue Etappe allumfassender Partnerschaft und strategischer Zusammenarbeit« unterzeichnen. Dass die sich auch auf den militärischen Bereich erstreckt, machen die gemeinsamen Seemanöver deutlich, die Ende Mai im Ostchinesischen Meer beginnen.
In einem Interview für chinesische Medien lobte Putin die bilateralen Beziehungen als »musterhaft«. Gemeinsam habe man durch Achtung der ureigenen Interessen des jeweils anderen ein Modell geschaffen, das sich beim Umgang der Weltmächte miteinander durchsetzen müsse. Es gebe im zweiseitigen Verhältnis »keine politischen Probleme mehr, die negativen Einfluss auf die Festigung der allumfassenden Zusammenarbeit ausüben könnten«. Daher hatten die Außenminister schon letzte Woche in einem Telefonat auch eine engere Kooperation der beiden Vetomächte im UN-Sicherheitsrat vereinbart.
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