Tanz vorm Roten Rathaus
Flüchtlinge der besetzten Kreuzberger Schule fordern, Fehler bei der Registrierung zu korrigieren
Flüchtlinge aus der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule forderten am Dienstag auf einer Demonstration ein Bleiberecht nach Paragraf 23 des Ausländergesetzes. Dieser Paragraf würde einer genau definierten Gruppe von Flüchtlingen ein qualifiziertes Aufenthaltsrecht mit dem Recht auf Arbeit einräumen. So ein Schritt würde einen Senatsbeschluss erfordern und der Bund dürfte kein Veto dagegen einlegen. Rund 150 Flüchtlinge und Unterstützer zogen mit dieser Forderung von der Schule in Kreuzberg zum Roten Rathaus. Es war ein bunter, fröhlicher Zug mit vielen Trommel- und Tanzeinlagen. »Die Landes- und die Bundesregierung haben die Möglichkeit, uns ein Bleiberecht zu geben«, sagte Flüchtlingssprecher Patras Bwansi. »Erst wenn wir dieses Recht und damit unsere Freiheit haben, verlassen wir die Schule und brauchen nicht mehr auf dem Oranienplatz zu demonstrieren.« Andernfalls kündigte er einen »Plan B« an: Der blieb vage formuliert, meinte aber wahrscheinlich eine erneute Besetzung des Oranienplatzes.
Nach Angaben von Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirkssprecher Sascha Langenbach leben in der besetzten Schule derzeit 211 Flüchtlinge sowie 60 Roma, hauptsächlich aus Spanien und Rumänien und zwischen drei sowie fünf deutsche Obdachlose. »Für die Unterbringung der Roma und der Obdachlosen ist der Bezirk zuständig«, sagt Langenbach. »Die Unterbringung der Asylbewerber liegt hingegen in der Verantwortung der Landesregierung. Unser Bezirk hat dafür weder die Gelder noch die Gebäude.« Langenbach kritisiert damit das Ansinnen der Landesregierung, dem Bezirk die Verantwortung für die Unterbringung der größtenteils aus Afrika stammenden Flüchtlinge zuzuschieben. Von den 211 Flüchtlingen sind lediglich zwölf vom Senat registriert worden. Nur für diese will die Landesregierung Wohnraum, Sozialhilfe und eine Überprüfung des Asylverfahrens anbieten. Der Löwenanteil stand allerdings nicht auf der von den Flüchtlingen selbst erstellten Liste. Auf der anderen Seite stehen 160 Namen auf der Liste, die es nicht zu geben scheint.
Wie es zu den Fehlern bei der Erstellung der Liste kam, ist umstritten. Eine Theorie ist, dass es aufgrund der verschiedenen Sprachen Kommunikationsprobleme zwischen den gewählten Flüchtlingssprechern und einem großen Teil der Flüchtlinge gab. Eine andere Vermutung besagt, dass Vertreter des »Realo«-Flügels, die die Liste erstellt hatten, absichtlich Namen von ihnen nicht genehmen Flüchtlingen gegen andere ausgetauscht hätten. Beide Theorien sind nicht beweisbar. Die Fehler schon. Die grüne Bezirksverordnete Taina Gärtner, die lange mit den Flüchtlingen auf dem Oranienplatz gewohnt hat, weiß von einem Ehepaar, das immer zusammen dort war. Registriert wurde indes nur der Mann. Selbst ein gewählter Flüchtlingssprecher steht nicht auf der Liste.
Die Forderungen beschränkten sich aber nicht auf die Registrierung. »Wir wollen Abschiebeschutz, Deutsch lernen, arbeiten und nicht in Lagern leben müssen«, so Patras Bwansi. Abgeordnete von Grünen und LINKEN unterstützten die Forderungen der Flüchtlinge. »Die zuständigen Senatsverwaltungen sollen eine Lösung für alle finden und niemanden im Stich lassen«, sagt Hakan Taş von den LINKEN. Die Grünen haben einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, der Flüchtlingsgruppe das geforderte Aufenthaltsrecht nach Paragraf 23 einzuräumen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.