Koalition beschließt »Kaffeefahrt« zu Snowden
Union und SPD lehnen Befragung des Whistleblowers in Deutschland erneut ab / Ex-Geheimdienstmitarbeiter soll in Moskau zu »informellem Gespräch« getroffen werden / Kritik von Linken und Grünen
Berlin. Im NSA-Untersuchungsausschuss hat es am Donnerstagabend erneut Streit um die Befragung des Whistleblowers Edward Snowden gegeben: Gegen den Widerstands der Oppositionsparteien beschlossen Union und SPD, den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter in Moskau zu treffen - aber nur zu einem informellen Gespräch. Dieses soll nach dem Willen der Koalitionsvertreter Anfang Juli stattfinden und der Vorbereitung einer regulären Anhörung dienen. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sprach von einer sinnlosen »Kaffeefahrt«. Die Linken-Obfrau im Ausschuss, Martina Renner, meinte, durch den Beschluss solle eine Vernehmung Snowdens in Berlin verhindert werden. Grüne und Linke äußerten zudem die Befürchtung, dass eine Reise des Ausschusses nach Moskau von der russischen Führung instrumentalisiert werden könnte.
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele erklärte, SPD und Union hätten »im Eilverfahren« eine Moskau-Reise beschlossen, bei der Snowden zwar zu einem »informellen persönlichen Gespräch« aufgesucht werden soll, bei der aber gar nicht klar sei, »wie und wo auch immer sie ihn dort finden wollen«. Die Regierungskoalition versuche »damit weiterhin, auf Zeit zu spielen, ohne den Zeugen wirklich nach Deutschland einladen zu müssen. Dies ist der untaugliche Versuch, sich in die Sommerpause des Bundestages zu retten«. Ströbele erklärte weiter, Union und SPD würden zudem versuchen, »gezielt Herrn Snowdens bevollmächtigten Rechtsbeistand umgehen«. Angeblich sei die Bundesregierung »unzufrieden mit den bisherigen Auskünften« von Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck.
Nach kontroverser Diskussion stimmten Linke und Grüne gegen den Antrag. Sie forderten stattdessen, die Bedingungen für eine Vernehmung Snowdens in Deutschland zu schaffen. Dieser Antrag wurde mit Mehrheit der Koalition abgelehnt. Die Opposition fordert seit langem eine reguläre Vernehmung Snowdens in Deutschland. In einem Schreiben an den Ausschuss hatte die Bundesregierung allerdings keine Zusage gegeben, dass dieser bei einer Vernehmung in Deutschland nicht festgenommen oder an die USA ausgeliefert werden würde. Ein Jahr nach Bekanntwerden der NSA-Abhöraffäre beklagte auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir, dass es immer noch keine politischen Konsequenzen gebe. Es liege im fundamentalen Interesse auch der deutschen Bürger, dass Snowden in Deutschland aussagen könne. »Die Bundesregierung darf sich nicht weiter herausreden.«
Derweil kann Snowden nach dessen Einschätzung auf Verlängerung seines Asyls in Russland hoffen. Eine Garantie dafür gebe es allerdings nicht, sagte Kaleck dem RBB-Inforadio. Am Mittwoch hatte bereits Snowdens Moskauer Anwalt erklärt, sein Mandant bemühe sich um eine weitere Aufenthaltserlaubnis in Russland. Moskau hat dem von den USA gesuchten Snowden 2013 Asyl gewährt - allerdings nur bis Ende Juli dieses Jahres. Agenturen/nd
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