Multikulti Ballermann

Martin Kröger über Karneval und die sich wandelnde Metropole

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Bunt, friedlich und tolerant. Das ist die (politische) Botschaft, die vom Karneval der Kulturen ausgehen soll. Das gelang auch in diesem Jahr - allerdings nur mit Abstrichen. Denn bei dem Multikulti-Spektakel sind nach nunmehr 19 Jahren deutliche Verschleißerscheinungen zu spüren. Zwar geht es angesichts der großen Masse von über 700 000 Besuchern und des in Strömen fließenden Alkohols immer noch vergleichsweise friedlich zu. Aber eine fortschreitende Ballermannisierung ist nicht zu übersehen: Flaschenmeere, Müll und Gedränge spiegeln das wider.

Karneval der Kulturen, Myfest und Christopher Street Day, die drei Großevents der Metropole, entfernen sich immer mehr von ihren politischen Wurzeln und entwickeln sich zur immer gleichen Open-Air-Sause. Dabei gibt es bei den sommerlichen Großereignissen durchaus Bemühungen, diese zu repolitisieren. Das ist auch dringend nötig. Schließlich wird Berlin tatsächlich immer internationaler. Auf dem Straßenfest beim Karneval der Kulturen war dies beispielsweise auch daran zu sehen, dass es mehr spanische, griechische und italienische Stände gab. Die soziale Not Südeuropas treibt die Menschen nach Berlin. Über eine halbe Million Menschen mit ausländischen Wurzeln aus über 180 Nationen leben inzwischen in der Metropole.

Zugleich gibt es aber weiter Rassismus und Homophobie, die politischen Botschaften des Karnevals und des Christopher Street Days sind also weiter aktuell, wie Übergriffe von Rechtsextremen aus den vergangenen Wochen zeigen. Vielleicht ist ein kleines, feines Solidaritätsfest für einen Gastwirt mit ägyptischen Wurzeln wie in Friedrichshain aber ein deutlicheres Zeichen als durchzechte Stunden auf dem Multikulti-Ballermann.

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