Geschichte eines Abstiegs
Christian Wulff stellt ein Buch über die Rücktrittsaffäre vor
Christian Wulff sieht sich als Opfer der Justiz und einiger Medien, die ihn vor zweieinhalb Jahren zum Rücktritt als Bundespräsident gedrängt hätten. Diese Vorwürfe erhebt Wulff in seinem Buch »Ganz oben, Ganz unten«, das nun im C. H. Beck-Verlag erscheint. Bei der Buchvorstellung sagte der CDU-Mann am Dienstag in Berlin, Medien und Staatsanwaltschaft hätten sich in seinem Fall »die Bälle zugespielt« und gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstoßen. Dies sei eine Gefahr für die Demokratie. Den Rücktritt nannte Wulff »falsch«. »Ich wäre auch heute der Richtige in dem Amt.«
Wulff war vom Juni 2010 bis zum Februar 2012 Bundespräsident. »Die Amtszeit ist durch die 67 Tage am Schluss, als ich mich in einer von der ›Bild‹-Zeitung am 12. Dezember 2011 eröffneten, über zwei Monate dauernden Treibjagd zum Rücktritt gezwungen sah, in den Nebel gerückt«, schreibt Wulff. Vor dieser »Treibjagd« hatte der ehemalige Ministerpräsident Niedersachsens noch bestens mit »Bild« kooperiert. Für die Boulevardzeitung hatte er lange Zeit sein Privatleben ausgebreitet. Das Blatt berichtete zunächst entsprechend wohlwollend über Wulff, trug später aber dazu bei, dass er seine politische Karriere vorerst beenden musste.
Wulff räumte auch eigene Fehler ein. Er hätte gelegentlich mehr Distanz wahren sollen. Dies bezog Wulff offenbar auch auf den Urlaub beim Multimillionär und Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer im Sommer 2010.
Der Zeitpunkt der Buchveröffentlichung ist geschickt gewählt. Denn bis spätestens Donnerstag soll sich entscheiden, ob die Staatsanwaltschaft Hannover das Urteil des Landgerichts Hannover im Wulff-Prozess doch noch akzeptiert. Wulff war im Februar dieses Jahres vom Vorwurf der Vorteilsnahme freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin Revision eingelegt und muss nun erklären, ob sie daran festhält. Wenn sie das nicht tut, wäre Wulff juristisch rehabilitiert. Sonst müsste der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Urteil auf Rechtsfehler überprüfen.
»Ganz unten«, wie es in dem Buchtitel heißt, ist Wulff zumindest finanziell nicht. Der 54-Jährige erhält einen lebenslangen Ehrensold in Höhe von rund 200 000 Euro im Jahr. Zudem hat er in Hamburg eine Anwaltskanzlei eröffnet. Auch mit seinem Buch lässt sich Geld machen. Das mediale Interesse an dem Werk ist bereits sehr groß. Die Buchvorstellung war restlos ausgebucht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!