EU-Skeptiker nehmen AfD im Europaparlament auf
Berichte über Beteiligung von Rechtsparteien aus Litauen und Polen an Le Pens Bündnis
Berlin/Brüssel. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) gehört im Europaparlament zu den EU-Skeptikern der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR). Die AfD behauptet sich damit ein Stück weit gegen die Union von Kanzlerin Angela Merkel. Die AfD teilte am Donnerstag in Berlin mit, ihre sieben deutschen Abgeordneten seien mit großer Mehrheit in die Fraktion aufgenommen worden. »Wir freuen uns darauf, zusammen mit der AfD an einer EU-Reformagenda zu arbeiten«, teilte ein Fraktionssprecher auf Anfrage in Brüssel mit.
Aus Kreisen der Union war zuvor den britischen Konservativen von Premierminister David Cameron übermittelt worden, dass eine Aufnahme in die EKR kritisch gesehen würde. Die Tories gehören der EKR an und nicht wie CDU und CSU der Europäischen Volkspartei (EVP).
Die EU-Skeptiker sind nach eigenen Angaben mit 63 Abgeordneten im neuen Europaparlament drittstärkste Kraft. Sie verdrängen damit die Liberalen, die nach Parlamentsangaben zur Zeit auf 59 Abgeordnete kommen. Die Zahl der Liberalen könnte sich aber noch erhöhen und auf knapp 70 steigen. So verhandeln die flämischen Nationalisten der N-VA (Belgien) über eine Aufnahme.
Die »Süddeutsche Zeitung« berichtete, Camerons Tories hätten sich in der geheimen Abstimmung gegen die Aufnahme der AfD ausgesprochen, seien aber überstimmt worden. Ein Sprecher der Tories zeigte sich laut SZ »enttäuscht« von der Entscheidung und sagte: »Wir werden mit der AfD zusammenarbeiten, aber die CDU/CSU bleibt unsere einzige Schwesterpartei in Deutschland.« Die Bundes-CDU wollte die AfD-Aufnahme auf Anfrage nicht kommentieren.
Zur EKR-Fraktion gehören neben den Tories unter anderem die polnische Partei Recht und Gerechtigkeit, liberal-konservative Tschechen sowie die als rechtspopulistisch geltenden Wahren Finnen an. Die EKR-Fraktion lehnt zusätzliche Kompetenzen für Brüssel ab, stellt die EU aber nicht grundsätzlich infrage.
Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke sprach von einem Erfolg für seine Partei: »Nach dem großen Wahlerfolg bei der Europawahl sieht die AfD nun gestärkt der Parlamentsarbeit in Brüssel entgegen.« Bei der Europawahl hatte die AfD in Deutschland 7,0 Prozent der Stimmen geholt. Luckes Stellvertreter Hans-Olaf Henkel erklärte, Abgeordnete Großbritanniens hätten sich gegen Druck ihrer Parteiführung und trotz massiver Einmischung Merkels für die Aufnahme der AfD eingesetzt.
Die Grünen im Bundestag sprachen von einer »herben Niederlage« für Merkel. Ihre Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte in Berlin: »Wer in Brüssel Hand in Hand mit der AfD geht, kann in Deutschland nicht glaubwürdig behaupten, eine Koalition mit der AfD auszuschließen.«
Außer der AfD nahm die Fraktion noch einen einzelnen bulgarischen Abgeordneten auf. In der vergangenen Woche war bereits der einzige Abgeordnete der deutschen Familien-Partei, Arne Gericke, zugelassen worden. Neuer Fraktionsvorsitzende ist der Brite Syed Kamall von der Konservativen Partei aus Großbritannien.
Neue Rechtsfraktion rückt näher
Im Europaparlament steht außerdem offenbar die Bildung einer neuen Rechtsaußenfraktion bevor. Berichten nach werden sich daran auch die litauische Partei »Gerechtigkeit und Ordnung« und die polnische »Neue Rechte« beteiligen. Wie gemeldet wird, seien zwar noch letzte Gespräche im Gange, »aber wir sind fast fertig«, heißt es im »Kurier« aus dem Umwelt der Rechtsparteien. Bereits Ende Mai hatten Rechtsaußen-Parteien und radikale Rechtspopulisten um die französische Front National angekündigt, eine eigene Fraktion bilden zu wollen.
FN-Chefin Marine Le Pen war seinerzeit in Brüssel mit Vertretern der niederländischen Freiheitspartei PVV, der österreichischen FPÖ, der italienischen Lega Nord und der belgischen Vlaams Belang (VB) vor die Presse getreten. Um eine Fraktion zu bilden, müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedstaaten zusammenschließen. Dadurch erhält der Zusammenschluss der einzelnen Delegationen mehr Rechte und auch erhebliche Finanzmittel.
Der »Kurier« zitiert das Büro des FPÖ-Spitzenkandidaten, Harals Vilimsky, mit den Worten: »Die Verhandlungen sind auf einem gutem Weg, aber noch nicht abgeschlossen.« In dieser Zusammensetzung hätte die Rechtspartei 43 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern. Die litauische Partei wird im »Kurier« als nationalpopulistisch und EU-feindlich charakterisiert, sie war bisher wie die Lega Nord Teil der EFD-Fraktion im Europaparlament. Die »Neue Rechte« Polens gelte als rechtsradikale, deren Vorsitzender Janusz Korwin-Mikke habe sich mit rassistischen und den Holocaust leugnenden Äußerungen im EU-Wahlkampf hervorgetan. nd/mit Agenturen
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