Bürger wollen Netze mitbetreiben

Genossenschaft bietet kommunaler Berlin Energie Kooperation bei Strom- und Gasversorgung an

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Als Alternative zur reinen Rekommunalisierung sieht sich die Bürger Energie Berlin. Die Genossenschaft bewirbt sich um das Stromnetz, kann sich aber auch eine Kooperation beim Gasnetz vorstellen.

Es ist ein lukratives Angebot. Rund zehn Millionen Euro hat die Bürger Energie Berlin (BEB) von rund 2500 Berlinern eingesammelt. Die Genossenschaft hat jetzt erneut ihre Bereitschaft bekundet, das Geld in Kooperationen mit dem kommunalen Unternehmen Berlin Energie zu stecken. Zum einen beim Gasnetz, deren Vergabe an den landeseigenen Betrieb nur noch vom Senat und Abgeordnetenhaus genehmigt werden muss. Zum anderen auch beim Stromnetz, wo die Genossenschaft und Berlin Energie allerdings noch Konkurrenten im Bieterverfahren sind. Sollte die Zusammenarbeit zustande kommen, können die Energiegenossen kurzfristig noch viel mehr Kapital aufbringen, sagen sie.

»Unsere Genossenschaft kann eine starke öffentliche Hand und bürgerschaftliches Engagement verknüpfen«, sagt Hartmut Gaßner, der Aufsichtsratschef der BEB. Der Vorteil gegenüber einer »reinen Rekommunalisierung« wäre aus seiner Sicht die Expertise und die Innovationen, die die Genossenschaft in den vergangenen Monaten neben dem Kapital gesammelt hat. Ein Einstieg der BEB könnte zudem auch die Rekommunalisierungskritiker von der CDU besänftigen, für die der Ausbau öffentlicher Beteiligungen keine »Herzensangelegenheit« ist. Auf die Christdemokraten will die Genossenschaft deshalb in den kommenden Wochen noch einmal gesondert zugehen.

»In unserem Angebot für das Stromnetz haben wir detailliert aufgelistet, wie wir die Energiewende voranbringen wollen«, sagt Luise Neumann-Cosel, eine der beiden Vorstände der Genossenschaft. Als Stichworte für die Innovationen zählt Neumann-Cosel den Aufbau eines Smart Grid, also eines intelligenten Netzes auf. Weitere Aspekte sind die Schaffung eines virtuellen Kraftwerks, die Forcierung der Elektromobilität sowie die Verbesserung der Solarenergie. Was das Speichern von Energie betrifft, kommt auch wieder das Gasnetz ins Spiel: Denn Überkapazitäten bei Wind- und Solarstrom könnten zukünftig in Gas umgewandelt und gespeichert werden, mit der sogenannten »Power-to-Gas«-Technologie. Im Gegensatz zu den Grünen, die eine Rekommunalisierung des Gasnetzes für wirtschaftlich falsch halten, bezeichnet die Genossenschaft den Erwerb des Gasnetzes als wichtig für die Energiewende. »Wir sehen die Risiken für die kommenden 20 Jahre nicht«, sagt Gaßner.

Dass die Genossenschaft nach der endgültigen Vergabe des Gasnetzes nachträglich mit zum Zuge kommt, ist indes unwahrscheinlich. »Uns geht es nicht um eine wirtschaftliche Beteiligung, sondern eine inhaltliche Kooperation«, sagt die Sprecherin von Umweltsenator Michael Müller (SPD), Daniela Augenstein. Die Senatsverwaltung betreut zurzeit noch die Pressearbeit für das kommunale Unternehmen Berlin Energie. Eine Zusammenarbeit kann sich das kommunale Unternehmen demnach mit der Genossenschaft für die Bereiche Kundenfreundlichkeit, Transparenz und Partizipation vorstellen. Aber auch mit anderen Landesbetrieben gebe es Kooperationen, betont Augenstein.

Für die Linkspartei wäre die Beteiligung einer Bürgergenossenschaft im Prinzip durchaus eine sympathische Sache. Immerhin würde die Bürger Energie Berlin nicht nur auf die Rendite schielen, sondern auch die Energiewende im Blick haben. Eine Einschränkung sehen die Sozialisten aber ebenfalls: »Das Mehrheitseigentum muss weiter bei der Kommune liegen«, sagt der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Wolf.

Trotz »intensiver Gespräche« ist das Ansinnen der Genossenschaft bezüglich einer Kooperation beim Gasnetz also noch in weiter Ferne. Geht es nach der Genossenschaft, könnte nach einem kommunalen Ausgang des Stromkonzessionsverfahrens, das für 2015 erwartet wird, aber sowieso alles neu strukturiert werden: Nach der Übergabe des Betriebs von der Gasag und Vattenfalls an die neuen Betreiber könnte nämlich eine »einheitliche Lösung« für das Strom- und Gasnetz folgen. Sprich: Es könnte ein einziger kommunaler Energienetzbetreiber geschaffen werden, der dann doch mit der Genossenschaft kooperiert. Ein solcher gemeinsamer Betrieb des Strom- und Gasnetzes könnte wiederum Synergien freisetzen, von denen vor allem die Bürger mit geringeren Netzentgelten profitieren würden.

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