Irakische Amnesie

Roland Etzel zu deutschen Vergesslichkeiten

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

»Es kommt jetzt darauf an, dass das Voranschreiten von ISIS in Irak gestoppt wird«, gab sich Frank-Walter Steinmeier besorgt. Vielleicht war er es in diesem Moment sogar wirklich. Aber der Zweifel daran ist groß. Darf man einem amtierenden Außenminister soviel partielle Amnesie zubilligen? Das Urteil neigt klar zum Nein, und der SPD-Mann macht einem dies zusätzlich leicht, indem er auch jetzt noch tapfer offensichtliche Zusammenhänge leugnet.

Zum Beispiel das großzügige Darüberhinwegsehen, dass in Deutschland Gotteskrieger für Nahost fast wie in einem Reisebüro vermittelt werden konnten. Man kann wohl nicht sagen, dass deutsche Behörden an dieser Stelle versagt hätten. Eher, dass sie Dschihad-Tourismus nach Kräften nicht verhinderten - was sie in in anderen Fällen durchaus taten, wenn das vermutliche Reiseziel Afghanistan war.

Noch erstaunlicher ist, dass sich Steinmeier auch jetzt noch dem Eingeständnis verweigert, dass deutsche Waffenlieferungen nach Katar oder Saudi-Arabien mit dem Mordfeldzug der Dschihadisten in Irak (und Syrien) irgendetwas zu tun haben könnten. Man müsse »auch mit solchen Staaten weiter im Gespräch bleiben«, so der beleidigt reagierende Außenminister auf entsprechende Vorhaltungen von links.

Die Eigenart von Politikern, öffentlich über Kriege zu jammern und gleichzeitig die hauseigenen Rüstungsschmieden jubeln zu lassen, hatte schon immer etwas sehr Bestechendes.

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