»Fremdkörper im System«
Carsten Sieling fordert von Schäuble Taten gegen Abgeltungsteuer
nd: Die SPD-Linke hat einen Vorschlag für eine höhere Besteuerung von Zins- und Kapitaleinkünften angekündigt. Wie soll dieser aussehen?
Sieling: Es geht um die Abgeltungsteuer, die ein Fremdkörper innerhalb des Steuersystems ist, weil hier eine gewisse Art von Einkünften mit einem niedrigeren Steuersatz behandelt wird. Kapitaleinkünfte werden geringer besteuert als Arbeit. Das geht nicht. Zudem entfällt der ursprünglich für diese Steuer vorgetragene Grund, Abwanderung und Kapitalflucht zu verhindern. Das Bankgeheimnis fällt nämlich international mit dem Abkommen über einen »automatisierten Informationsaustausch« zwischen den Staaten, das im Herbst unterzeichnet wird. Ich bin davon überzeugt: Es ist Zeit, mit der Abgeltungsteuer Schluss zu machen und sie in die Einkommensteuer zu integrieren.
Was stimmt Sie optimistisch, dass die Union hier mitmachen könnte?
Finanzminister Wolfgang Schäuble hat selber gesagt, er würde ein Ende der Abgeltungsteuer sehen. Dem müssen Taten folgen. Die Union versucht sich aus der Affäre zu ziehen, indem sie behauptet, man könne das nicht vor 2018 oder 2019 machen. Wir halten es für nicht vertretbar, etwas, das als richtig erkannt wurde, in die ferne Zukunft zu verschieben.
Die von der SPD im Wahlkampf versprochene Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Vermögensteuer werden auch vor 2017 nicht kommen. Wie erklären Sie das Ihren Wählern?
Wir haben einen Koalitionsvertrag, in dem diese richtigen Forderungen leider nicht vereinbart wurden. Wir haben in der SPD aber eine Mehrheit von über 70 Prozent dafür bekommen, dass wir in der Koalition den Mindestlohn, den Einstieg in die doppelte Staatsbürgerschaft und die Rentenpolitik umsetzen.
Die SPD-Linke will 2015 auf einem Kongress mit Grünen, LINKEN, Verbänden und Gewerkschaften über Mehrheiten links der Union diskutieren. Ist das eine strategische Vorbereitung für die Wahl 2017?
Wir wollen die rot-grüne Achse beibehalten und verstärken. Wo es möglich ist, muss es auch zu Gesprächen mit der LINKEN kommen. In der LINKEN muss sich allerdings inhaltlich noch viel verändern, bevor das Wirklichkeit wird. Wir wollen daran arbeiten und wir wollen Alternativen.
Wo soll sich die LINKE ändern?
Das betrifft Themen der Außenpolitik, über die die Partei schon diskutiert. Zudem muss eine Verständigung erreicht werden, was steuerpolitisch möglich ist, damit Wachstum und Arbeitsplätze entstehen.
In einem Papier hat die SPD-Linke konstatiert, dass es derzeit keine linke gesellschaftliche Mehrheit gibt. Was soll sie in den nächsten Jahren tun, damit sich das ändert?
Die vereinbarten sozialdemokratischen Projekte müssen in der Großen Koalition vernünftig umgesetzt werden. Dazu gehören Bildungspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Sicherung des Rentensystems und der Mindestlohn. Damit kann man das gesellschaftliche Klima verändern und Menschen gewinnen, die zuletzt nicht mehr zur Wahl gegangen sind.
Viele Ausnahmen beim Mindestlohn können aber einem Parteilinken, wie Ihnen, nicht gefallen?
So viele Ausnahmen sind es nicht. Natürlich hätten wir, wenn wir König von Deutschland wären, auf alle Ausnahmen verzichtet. In der Koalition muss aber man aber auch Kompromisse machen. Trotzdem ist der Mindestlohn doch ein Fortschritt, den im Bundestag selbst die LINKE anerkannt hat.
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