Täglich neue Festnahmen bei Razzien
Eine Woche nach dem Verschwinden dreier israelischer Jugendlicher an einem Anhalterstopp im Westjordanland hat Israels Militär seine Operation auf die gesamte »Westbank« ausgeweitet. Bisher wurden nach offiziellen Angaben an die 300 Menschen gefangen genommen, darunter mehr als 50 Palästinenser, die vor zweieinhalb Jahren im Gegenzug für die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit aus dem Gefängnis entlassen worden waren. Zudem seien mehr als 800 Gebäude durchsucht worden, bei denen es sich überwiegend um Einrichtungen der palästinensischen Organisation Hamas handeln soll. Doch auch im Büro des Politikers Dr. Mustafa Barghouti wurde eine Razzia durchgeführt, die Soldaten beschlagnahmten Festplatten. Barghouti war maßgeblich an der Aushandlung des Versöhnungsabkommens zwischen den beiden verfeindeten palästinensischen Gruppierungen Fatah und Hamas beteiligt.
Die Kritik an dieser Vorgehensweise hat in Israel am Donnerstag weiter zugenommen: Der Militäreinsatz sei eher darauf angelegt, politische Ziele zu erreichen, sind sich die Kommentatoren weitgehend einig. Israels Mitte-Rechts-Regierung wolle die Hamas schwächen und nehme das Verschwinden der drei Jugendlichen zum Anlass, diesen Zweck zu verfolgen. Nach Ansicht eines Analytikers der Zeitung »Jedioth Ahronoth« könnte das durchaus der israelischen Sicherheit schaden: Nicht nur hätten die Sicherheitsorgane die Steilvorlage dafür geliefert, dass es überhaupt so weit kommt, indem sie erst Stunden nach den ersten Hinweisen eine Suchoperation einleiteten. Nun könnten sich die Entführer auch noch darüber freuen, dass es »einer ganzen Armee« nicht gelingt, sie aufzuspüren: »Die Überlegenheit des israelischen Sicherheitsapparates dürfte damit dahin sein.«
Zudem kommt es bei den morgendlichen Razzien zunehmend zu Spannungen mit der Zivilbevölkerung: Spontan finden sich auf den Straßen aufgebrachte Menschenmengen zusammen, die von den Soldaten mit Gummigeschossen auseinandergetrieben werden. Am Donnerstagmorgen gab es darüber hinaus erste Schusswechsel mit Milizen in Jenin und Nablus.
Auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas sieht sich der Kritik ausgesetzt: Er hatte am Mittwoch die Entführung der drei israelischen Jugendlichen verurteilt; sie schade der palästinensischen Sache. Funktionäre der Hamas, aber auch viele palästinensische Medien kritisierten daraufhin, Abbas mache sich zur Marionette Israels.
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