Teersandöl ohne US-Umweg

Kanada will Pipeline zum Pazifik bauen / Anwohner und Umweltschützer protestieren

  • Hanno Böck
  • Lesedauer: 3 Min.
Kanadas Regierung hat den Bau einer Pipeline genehmigt, um mehr Öl aus dem besonders klimaschädlichen Teersandabbau in alle Welt zu exportieren.

Kanada möchte künftig mehr Öl aus sogenannten Teersanden gewinnen. Um den Absatz des Öls zu gewährleisten, genehmigte Kanadas Regierung nun den Bau einer Pipeline aus der Provinz Alberta an die kanadische Westküste von British Columbia. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit zwischen Ölindustrie, Umweltschützern und Mitgliedern indigener Gemeinschaften, die den Bau der Pipeline mehrheitlich ablehnen.

Bei Teer- oder Ölsanden handelt es sich um ölhaltiges Bitumen, das nicht in flüssiger Form vorliegt. Um daraus Öl zu gewinnen, muss das Material zunächst in riesigen Tagebauen abgebaut werden. Große Landstriche in der kanadischen Region Saskatchewan sind diesen bereits zum Opfer gefallen. Doch das größte Problem des Teersandabbaus sind die Treibhausgasemissionen: Um aus dem festen Bitumen Rohöl herzustellen, sind große Energiemengen notwendig. Im Vergleich zu konventionellem Öl ist Teersandöl um ein vielfaches klimaschädlicher.

Kanada möchte die Gewinnung von Öl aus Teersanden weiter ausbauen. Doch zur Zeit sind die Kapazitäten für den Export begrenzt. Der Bau der Keystone-XL-Pipeline in die Vereinigten Staaten liegt seit Jahren auf Eis. US-Präsident Barack Obama hatte zuletzt verstärktes Engagement in Sachen Klimaschutz angekündigt, eine schnelle Genehmigung dieser Pipeline scheint daher unwahrscheinlich. Mit der nun von der kanadischen Regierung genehmigten Northern-Gateway-Pipeline, die aus dem Landesinneren zum Pazifik führen soll, hätte Kanada die Möglichkeit, sein Öl verstärkt international zu exportieren - vor allem in die aufstrebenden Ökonomien Asiens. Aber auch Europa ist im Blick der Teersandindustrie.

Doch der Bau der 1177 Kilometer langen Rohrleitung durch den Konzern Enbridge hat viel Widerstand hervorgerufen: Während im ölindustriefreundlichen Alberta derartige Projekte meist von der Bevölkerung akzeptiert werden, sieht dies in British Columbia anders aus. Vor allem von den indigenen Gemeinschaften kommt Protest. Zahlreiche Stämme entlang der geplanten Route haben sich gegen den Bau ausgesprochen und weitere Proteste angekündigt. Zeitweise sahen selbst Verantwortliche aus der Ölindustrie kaum noch Chancen, den Bau, der 6,5 Milliarden kanadische Dollar (4,4 Milliarden Euro) kosten soll, zu realisieren.

Im Küstenort Kitimat, wo die Pipeline enden und ein großes Hafenterminal für den Ölexport entstehen soll, fürchtet man vor allem leckende oder havarierte Tanker. In einer Volksabstimmung sprach sich im April eine deutliche Mehrheit der Bewohner von Kitimat gegen den Bau der Pipeline und des Terminals aus. Doch verhindern konnten die Bewohner die Entscheidung nicht: Das Referendum hat keine bindende Wirkung. Die Pipelinegegner hoffen nun darauf, dass sie mittels einer Volksabstimmung in der Provinz British Columbia den Bau noch stoppen können. In Umfragen lehnte eine deutliche Mehrheit das Projekt ab.

Der verstärkte Export von Teersandöl spielt auch für Europa eine Rolle: Kürzlich landete die erste größere Lieferung von Rohöl aus dem Teersandabbau in Europa im spanischen Bilbao. Der dortige Ölkonzern Repsol will das Öl aus Kanada künftig in seinen Raffinerien weiterverarbeiten und in Europa verkaufen. Vor zwei Jahren hatte die Europäische Union noch geplant, den Import besonders klimaschädlichen Öls im Rahmen der sogenannten Fuel Quality Directive zu verhindern. Dadurch wäre der Teersandimport vermutlich weitgehend verhindert worden. Doch die entsprechende Richtlinie verzögerte sich durch massive Lobbyanstrengungen Kanadas immer wieder und wurde nie verabschiedet.

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