Angst vor der eigenen Courage

Bundesländer fügen sich trotz Bedenken der Koalitionsraison in Berlin

  • Paul Alexander
  • Lesedauer: 2 Min.
Offiziell gilt es als sicher, dass die Länder die im Eilverfahren betriebene Reform der Lebensversicherung mittragen. Bedenken wurden allerdings mehr als deutlich.

Sowohl die SPD- als auch die Unionsländer wollen, wie gemeldet wurde, dem Maßnahmenpaket aus dem Bundesfinanzministerium im Bundesrat zustimmen. Intern gibt es allerdings in Landesregierungen durchaus schwerwiegende Bedenken. Am weitesten hatte sich auf der letzten Bundesratssitzung der brandenburgische Justizminister Helmuth Markov (LINKE) aus dem Fenster gelehnt, der die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes offen anzweifelte.

Hinter verschlossenen Türen üben jedoch auch andere Länder scharfe Kritik. Wie Brandenburg hat auch das Land Sachsen in einem Antrag im Wirtschaftsausschuss erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität des Gesetzes vorgetragen. So bleibe es unklar, ob die vorgesehene Neuregelung der Verwendung der Bewertungsreserven mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vereinbar ist. Angesichts des Schnellverfahrens sei eine sorgfältige Prüfung des komplizierten Gesetzentwurfes ebenso kaum möglich wie eine Abwägung der »teilweise widerstreitenden Interessen von Versicherten und Versicherungsunternehmen«. Deswegen solle der Bundesrat den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form ablehnen.

Auch Bayern und Rheinland-Pfalz beabsichtigten die Regelung, die die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven de facto abschafft, zu kippen. So wollte Bayern die »vorgesehene generelle Ausschüttungssperre für Bilanzgewinne« nur auf Versicherer beschränken, die sich in einer Notlage befinden. Rheinland-Pfalz wollte für die Versicherungsgesellschaften eine Berichtspflicht darüber einführen, ob die Bewertungsreserven tatsächlich als Sicherung für die laufenden Leistungen in Anspruch genommen werden müssen. Brandenburg hat darüber hinaus einen »Nachteilsausgleich« für nicht ausgezahlte Beträge vorgeschlagen.

All dies fand keine Mehrheit. Damit wurden nahezu alle Nachbesserungsvorschläge, die im Sinne der Versicherungskunden lagen, abgeschmettert. Lediglich bei der geplanten Offenlegungspflicht für Provisionen möchten die Länder etwas weiter gehen als der Bund.

So vermittelt diese Entscheidung zwei sehr bedenkliche Botschaften: Erstens ist es der Mehrheit der Landesfürsten offenbar egal, ob ein Bundesgesetz später verfassungsgerichtlich durchfällt oder nicht. Zweitens zeigt sich hier recht brutal ein Opportunismus auf Kosten der Versicherten, den viele Länder aus Koalitionsräson betreiben.

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