Übers Spiel hinaus sehen

WM-PORTRÄT

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir werden hier noch drei, vier Matches haben. Ihr werdet sehen!« Da hatte Costa Rica, die Mannschaft des kolumbianischen Trainers Jorge Luis Pinto (61) gerade ihr zweites Gruppenspiel gegen Italien gewonnen und stand als Achtelfinalist fest. Drei, vier Spiele noch: Pinto traute seinem Team das Halbfinale zu.

Aufstellung und Spielsystem passt Pinto jeweils dem Gegner an, als nächstes muss sich heute die niederländische Mannschaft im Viertelfinale in Salvador (17 Uhr Ortszeit) der taktischen Flexibilität der »Ticos« stellen, die zudem in überragendender physischer Verfassung auftreten. Überraschendes dürfte Luis van Gaal für den anderen Luis nicht aus dem Ärmel schütteln können. Pinto studiert seine Gegner akribisch, gerade das Oranje-Team hat es ihm besonders angetan: In den 80er Jahren studierte Pinto in Köln, den dortigen FC trainierte Rinus Michels. Der hatte zuvor bei Ajax Amsterdam und der niederländischen Nationalmannschaft das Konzept des »Totalen Fußballs« verfeinert, bei dem alle zehn Feldspieler zusammen angreifen oder verteidigen, sich starre Positionen auf dem Feld auflösen und die Mannschaft spielerisch zu einer Einheit wird. »Ich verbrachte meine Zeit oft damit, Michels’ Training zuzuschauen und mit ihm über Fußball zu sprechen«, beschrieb Pinto seine Zeit am Rhein.

Statt eines Psychologen für einzelne Spieler setzt Pinto in der Mannschaftsbetreuung auf einen Soziologen. »Wenn man die sozialen Aspekte stärkt, verstärkt man auch die Idee, seine eigenen Eigenschaften in den Dienst des Kollektivs zu stellen«, beschreibt der seine Arbeit. Das Team von einem gesellschaftlichen und nicht psychologischen Standpunkt aus zusammenbringen: Eine Idee, die sich, nicht nur fußballerisch, sehen lässt.

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