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Geisterflieger über Lübecks Airport

Ein unsichtbarer Investor will insolventen Flughafen kaufen

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 4 Min.
Lübeck in Schleswig-Holstein will seinen insolventen Flughafen loswerden. Doch es fand sich nur ein einziger Interessent - sofern es diesen denn überhaupt gibt.

Die Misere des kleinen Regionalflughafens Blankensee wird für die Stadt Lübeck zu einer »Never-ending-Story«. Für den Airport wurde Ende April Insolvenz beantragt, und damit schien bereits dessen letzte Stunde eingeläutet. Nun soll am heutigen Donnerstag auf einer Sondersitzung der Bürgerschaft entschieden werden, ob einer Vertragsschließung mit einem neuen Investor aus China zugestimmt wird. Doch unmittelbar vor dem Votum der verantwortlichen Kommunalpolitiker gibt es mehr Fragen als Erkenntnisse über den vermeintlichen Heilsbringer aus dem Reich der Mitte.

Die Stadt Lübeck als Verpächterin des Flugplatzgeländes ist in einem Dilemma. Findet sich kein externer Investor, fällt der Airport zurück an die hoch verschuldete Stadt. Die Fortführung des Flugbetriebs würde auf jeden Fall weitere rote Zahlen in sechs- bis siebenstelliger Höhe bedeuten. Eine Abwicklung des Airports käme allerdings noch einmal zig Millionen teurer und würde das städtische Budget gänzlich sprengen. Gäbe es mehrere Investoren, könnte noch eine Auswahl getroffen werden, doch in der jetzigen heiklen Notsituation der Insolvenz hat sich nur ein Interessent gefunden - und der ist der große Unbekannte. Womöglich wiederholt sich hier Geschichte gerade wieder.

Es geht um die PuRen Germany GmbH, eigens hierzulande gegründeter Ableger der in HongKong registrierten PuRen Group. Anfang des Monats hatte der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Pannen die Chinesen als einzigen interessierten Betreiber vorgestellt und davon gesprochen, dass bereits ein Kaufvertrag geschlossen wurde. Diese Nachricht kam im letzten Moment, denn ansonsten wäre die Betriebsgenehmigung des Airports abgelaufen. Den Investor selbst hat jedoch noch niemand zu Gesicht bekommen. Auch Pannen hat ihn noch nie gesehen, wie er auf Nachfrage einräumen musste. Verhandelt wurde mit zwei Mittelsmännern aus Hamburg. Eine Vollmacht konnte bis heute nicht vorgelegt werden. In Lauenburg an der Elbe gibt es neuerdings eine PuRen-Büroadresse, wo jedoch ein Immobilienmakler zu Hause ist. Im Handelsregister heißt es zu den Tätigkeitsfeldern »(...) das internationale Errichten und das Betreiben von Senioreneinrichtungen und Krankenhäusern«.

Offiziell eingetragen ist bisher nur ein Stammkapital von 25 000 Euro. Laut Pannen soll dies so schnell wie möglich auf zwei Millionen Euro aufgestockt werden. Bei der erstmaligen Vorstellung der Chinesen nannte Pannen noch ein Vermögen von 660 Millionen Euro bei der PuRen Group.

Dem Vernehmen nach setzen die Chinesen auf den exzellenten Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein mit dem Universitätsklinikum in Lübeck. Über Blankensee sollen viele Patienten eingeflogen werden. Angeblich habe man sich auch bereits mehrere Grundstücke für hochkarätige Seniorenresidenzen beschafft. Dies zumindest ist über Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede (CDU) zu erfahren, der Kontakte nach China pflegt und offenbar auch Gespräche mit PuRen eingefädelt hat. Weil Anfang der Woche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Chinesen und der Gültigkeit des Vertragswerks laut wurden, sind Insolvenzverwalter und PuRen nun in der Bringschuld. So wollen sich eine chinesische Delegation und der Geschäftsführer des PuRen Germany-Ablegers heute unmittelbar vor der Bürgerschaftsdebatte in den Fraktionen vorstellen.

Jährlich fertigte Lübeck zuletzt rund 350 000 Passagiere ab. Laut Pannen als Sprachrohr von PuRen will der neue Investor die Zahl auf eine Million schrauben. Hans-Jürgen Schubert, grüner Vorsitzender des Umweltausschusses des Stadtparlaments, bleibt skeptisch. Für ihn hat Blankensee durch die Nähe des Großflughafens Hamburg null Zukunft. »Hier verspricht jemand den Himmel auf Erden«, bringt auch Antje Jansen, Fraktionsvorsitzende der Lübecker Linken, den Chinesen eher Misstrauen entgegen. Zu enttäuschend verliefen die Erfahrungen mit dem 2012 als Investor eingestiegenen Deutsch-Ägypter Mohamad Rady-Amar. Der hatte ebenfalls großspurige Pläne verkündet, dann aber den Airport heimlich an einen neuen Besitzer in Berlin veräußert. Dieser ist jedoch bis heute nicht aufzufinden.

Den angefallenen Pacht-, Gebühren- und Vollstreckungsgeldern läuft die Stadt Lübeck noch heute hinterher. All das führte überhaupt zum Insolvenzantrag. Inzwischen hat auch Blankensees treuester Nutzer, Ryan Air, angekündigt, Lübeck aus seinem Flugprogramm zu streichen.

Als warnendes Beispiel kann auch die Entwicklung um den Flughafen Parchim in Mecklenburg angesehen werden. 2007 erwarb Jonathan Pang aus Peking den früheren Militär-Airport. Anfang des Jahres leistete er seine letzte Kaufrate. In der Zwischenzeit waren ihm bereits vom zuständigen Landkreis zwölf Millionen von ursprünglich vereinbarten 30 Millionen Euro Kaufpreis erlassen worden, auch weil die Zahlungen nur schleppend oder gar nicht eingingen. Zu einem geordneten Personenflugverkehr ist es bis heute nicht gekommen, obwohl der Standort keinem Nachtflugverbot unterliegt.

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