Linke will Krypto-Handys für alle

Riexinger: Regierung muss Recht auf abhörsichere Kommunikation garantieren / Maas: Keine Live-Überwachung sozialer Netzwerke / Verfassungsschutz hatte schon 2012 Hinweis auf Spion im Verteidigungsministerium

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Berlin. Die Linkspartei hat die Bundesregierung aufgefordert, ein Programm aufzulegen, »das breiteren Bevölkerungsschichten einen kostengünstigen Zugang zu Kryptohandys« ermöglichen soll. Parteichef Bernd Riexinger sagte der »Rheinischen Post« mit Blick auf die Diskussionen über die Spionage ausländischer Geheimdienste, man dürfe »nicht aus dem Auge verlieren, dass der eigentliche Skandal die massenhafte Ausspähung aller Bürger ist«. Wenn die Bundesregierung den Schutz vor US-Spähangriffen nicht sicherstellen könne, müsse eben anders dafür sorge getragen werden, dass Menschen mit entsprechenden Mitteln ohne Angst vor Überwachung telefonieren könnten. »Alle haben ein Recht auf abhörsichere Kommunikation«, so Riexinger.

Die Ko-Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, nannte den Rausschmiss des US-Geheimdienstlers am Donnerstag durch die Bundesregierung halbherzig. »Eine Ausweisung für die Galerie ist nicht mehr als Kosmetik«, sagte sie der »Berliner Zeitung«. Ihre partei erwarte von der Bundesregierung, »dass sie spätestens zum Ende der Sommerpause einen abgestimmten Aktionsplan gegen die US-Spionage in Deutschland vorlegt.« Spione seien keine Freunde und müssten nach deutschem Recht bestraft werden.

Unterdessen hat Bundesjustizminister Heiko Maas der vom Bundesnachrichtendienst geplanten Live-Ausforschung sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter eine Absage erteilt. »Es gibt da ganz klare Grenzen: Auch Geheimdienste müssen sich an die Gesetze halten. Für eine Totalüberwachung aller sozialen Netzwerke in Echtzeit sehe ich keine rechtliche Grundlage«, sagte der SPD-Politiker der »Passauer Neuen Presse«. Zudem frage er sich, ob ein solcher Ansatz praktikabel wäre: »Wer soll denn diese Flut von Informationen noch auswerten?« Das Projekt um Twitter, Facebook & Co ist Teil der 300 Millionen Euro schweren »Strategischen Initiative Technik« des BND. Nach früheren Informationen aus Sicherheitskreisen gab der Auslandsgeheimdienst dazu 2013 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Ziel ist eine Prüfung, wie offen in soziale Netzwerke eingestellte Informationen helfen können, auffällige Entwicklungen in Gesellschaften von Krisenländern zu erkennen.

Derweil ist bekannt geworden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz offenbar schon im August 2010 einen anonymen Hinweis auf jenen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium bekommen hatte, der jetzt in den Verdacht geraten ist, für die USA spioniert zu haben. Das berichtet die »Mitteldeutsche Zeitung« unter Berufung auf die jüngste Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Nach Informationen des Blattes hieß es in dem anonymen Schreiben, dass besagter Mitarbeiter immer mal wieder zu Kurztrips in die Türkei aufbreche, insgesamt war von 15 bis 16 dieser Reisen die Rede. Damals wurde vermutet, er treffe sich in der Türkei womöglich mit Vertretern des russischen Geheimdienstes. Der Verdächtige wechselte anschließend häufiger die Dienststellen. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass er so lange unbehelligt blieb. Agenturen/nd

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