FIFA arrangiert sich mit Rassismus

FARE-Initiative beklagt Ignoranz gegenüber Ausfällen von Fans in WM-Stadien

  • Lesedauer: 4 Min.
Bei internationalen Großveranstaltung, wie der Fußball-WM 2014, kommt es immer wieder zu rassistischen Übergriffen. Die FARE-Initiative versucht mit ihrer Arbeit gegen diese Vorkommnisse vorzugehen.

Die WM in Brasilien neigt sich dem Ende zu. Leider gab es auch Schlagzeilen über rassistische Vorfälle, wie Blackfacing deutscher Fans bei der Partie gegen Ghana, einer Reichskriegsflagge beim Spiel gegen Portugal, homophobe Schlachtrufe mexikanischer Fans oder einen kolumbianischen Anhänger, der im Stadion ein Bischofskostüm voller Hakenkreuze trug. Haben derlei Vorfälle zugenommen?

Zuerst muss man sagen, dass es eine großartige Weltmeisterschaft ist. Die Begeisterung und die Stimmung sind unglaublich. Brasilien beweist eindrucksvoll, dass dort das romantische Herz des Fußballs schlägt. Leider wird das Turnier aber tatsächlich von wiederholten rassistischen und homophoben Vorfällen auf den Tribünen getrübt. Es gab nicht nur die erwähnten Fälle. Keltische Kreuze und andere in der rechten Szene gängige Symbole wurden ebenfalls von einzelnen Zuschauern offen gezeigt. Doch wie die ständigen homophoben Schlachtrufe der mexikanischen Fans zeigen, hat sich die FIFA mit diesen Vorfällen offenbar arrangiert.

Aber eine Initiative der FIFA heißt doch: »Say No To Racism!« – also: Sag Nein zum Rassismus!

Das stimmt. Nur zwischen den Bekundungen der FIFA und der Realität gibt es eine Diskrepanz. Wir haben während der WM einige Fälle beobachtet, obwohl wir in den Stadien offiziell nicht zugelassen sind. So zeigten russische Fans Banner, auf denen das keltische Kreuz abgebildet war. Auch bei Spielen anderer Nationalmannschaften war dieses rassistisch verwendete Symbol auf den Tribünen zu sehen. All die uns bekannten Vorfälle, die uns von unabhängigen Beobachtern zugetragen wurden und die wir beweisen konnten, haben wir der FIFA gemeldet. Diese kündigte zwar Untersuchungen an, Konsequenzen blieben jedoch aus.

Warum ist FARE in den WM-Stadien nicht vertreten? Immerhin sind Sie langjähriger Partner des europäischen Fußballverbandes UEFA?

Das liegt nicht an uns. Wir haben der FIFA im März eine Zusammenarbeit angeboten. Bei den Gesprächen haben wir auf die langjährige Erfahrung und auf unsere weltweiten Partnerorganisationen hingewiesen, die sich mit der Thematik in ihren jeweiligen Heimatländern bestens auskennen. Doch die FIFA hat sich gegen eine Zusammenarbeit mit uns entschieden.

FARE war während der EM 2012 in Polen und der Ukraine in den Stadien. Was haben Sie da getan?

Zu jedem Spiel schickten wir zwei szenekundige Beobachter aus den jeweiligen Ländern. Die haben nicht nur das Geschehen auf den Tribünen beobachtet, sondern auch vor den Stadien. Nach jeder Partie wurde ein Bericht für die UEFA erstellt. Sie hat dann gegen betroffene Verbände Strafen ausgesprochen, wenn es bei den Begegnungen zu fremdenfeindlichen oder homophoben Vorfällen kam. Unsere Arbeit war so erfolgreich, dass wir auch bei der EM 2016 in Frankreich in den Stadien sein werden.

Die nächsten Weltmeisterschaften finden in Russland und Katar statt. Zwei Länder, die für diskriminierende Gesetze gegen Homosexuelle bekannt sind. Hat sich die FIFA mit der Vergabe an diese Gastgeber ein zusätzliches Problem geschaffen?

Beide Turniere werden sehr problematisch für die FIFA, da jene Gesetze ihrer Selbstdarstellung widersprechen. Auch die Politik der beiden Länder gegen unabhängige Organisationen, die diese Missstände beobachten, aufzeichnen und beklagen, ist problematisch. In Katar und Russland haben diese – darunter auch unsere Partnerorganisationen – mit Schikanen seitens des Staates zu kämpfen.

Wird die Sensibilität für diese Themen bei der FIFA größer?

Ich hoffe es. Zumindest das letzte Interview von FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke, das er vor den Viertelfinalspielen der eigenen Internetseite gab, weckt Optimismus. Demnach will die FIFA in Zukunft ihre Beobachter schulen lassen, damit diese mit größerer Sensibilität für dieses Thema auch das Geschehen auf den Tribünen beobachten. Dieser Weg ginge schon mal in die richtige Richtung. Ein weiteres gutes Signal sind die Strafen, die die FIFA in jüngster Zeit gegen einzelne Spieler und Verbände wegen fremdenfeindlicher Vorfälle ausgesprochen hat.

Auch in europäischen Vereinswettbewerben haben fremdenfeindliche Vorfälle zugenommen. Wie erklären sie sich das?

Europa und der Rest der Welt befinden sich in einer Wirtschaftskrise. Da suchen viele junge Menschen nach Halt und einem Ventil für ihren Frust. Das ist der perfekte Nährboden für rechtsradikale Organisationen, die sich nicht davor scheuen, den Fußball für ihre Zwecke zu missbrauchen. In den Stadien werben sie Anhänger und zeigen dort auch ihre diskriminierenden Parolen. Bestes Beispiel dafür ist Kroatien. Das Land steckt in einer schweren wirtschaftlichen Situation. Gleichzeitig erleben die dortigen rechten Bewegungen einen enormen Zulauf, was sich leider auch in den kroatischen Arenen immer mehr bemerkbar macht.

Und wie stoppt man das?

Das einzige, was diesen negativen Trend aufhalten kann, ist Bildung. Man muss in die Stadien gehen und unter den Fans Aufklärungsarbeit leisten. Da ist Deutschland mit seiner Fanarbeit ein Vorbild.

In dem FARE Report sind alle Vorkommnisse dokumentiert

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