- Brandenburg
- Brandenburg
Künftig schwer entflammbar
Filmmuseum Potsdam nach erneuter Grundsanierung an die Filmuniversität übergeben
Der künftige Großflughafen BER hat das Wort »Brandschutzanlage« mit Reiz aufgeladen, und so ergeben sich schon Fragen, wenn im Filmmuseum Potsdam in den vergangenen anderthalb Jahren vor allem der Brandschutz erneuert werden musste. Denn die jüngste Grundsanierung des Hauses im Zentrum der Landeshauptstadt liegt erst wenige Jahre zurück. Der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), Hartmut Dorgerloh, hat das Haus nach dem offiziellen Abschuss der Bauarbeiten an den neuen Nutzer, die Potsdamer Filmuniversität »Konrad Wolf«, ehemals Hochschule für Film und Fernsehen, übergeben.
Die Arbeiten für insgesamt 2,5 Millionen Euro seien notwendig gewesen, weil es »massive Defizite im Brandschutz« gegeben habe. Man habe Brandmelder, Entrauchungsanlage und sogar den Blitzschutz einbauen müssen, erklärte Dorgerloh. Eine leicht entflammbare Kinoleinwand sei durch eine schwer entflammbare ersetzt worden. Die elektrischen Grundleitungen im Hause hätten aus einem Material bestanden, das nicht zulässig sei, das Dach sei undicht gewesen, das Gebäude nicht barrierefrei. Kurz, man habe »bauaufsichtlich ordnungsgemäße Zustände« herstellen müssen.
Wie ist eine solche Bilanz zu erklären, obwohl der zu DDR-Zeiten von polnischen Restauratoren instand gesetzte ehemalige Marstall des Stadtschlosses nach 1990 für Abermillionen aufwendig saniert worden ist? Hartmut Dorgerloh begründete den erneuten Aufwand damit, dass nach verschiedenen Katastrophen - die Eishalle von Bad Reichenhall, Kölner Stadtarchiv - durch die Bauaufsicht für »Versammlungsorte« deutlich verschärfte Sicherheitsvorschriften eingeführt worden seien. Es gebe inzwischen »andere Rahmenbedingungen«. Zu erfahren war auch, dass die Arbeiten rund 800 000 Euro mehr als ursprünglich geplant gekostet haben. Denn der Dachstuhl habe von Gift befreit werden müssen, und auch andere hochgradig krebserregende Stoffe seien unter aufwendigen Sicherungsmaßnahmen abgetragen worden.
»Es ist ein historischer Bau, da gibt es immer Überraschungen«, erklärte der Direktor der Schlösserstiftung. Doch am Ende verkündete er tapfer: »Wir sind fertig«
Die Kanzlerin der Filmuniversität, Heide Naderer nahm aus Dorgerlohs Händen den goldenen Schlüssel am roten Band entgegen. Sie versprach, das ihr übergebenen Haus »mit Inhalt zu füllen«. Am 4. August soll nun die Rückführung der Exponate aus dem Magazin Pappelallee beginnen, und am 25. Oktober soll das Potsdamer Filmmuseum für seine Gäste wieder geöffnet haben. Neben der Traditionsausstellung »100 Jahre Film« wird dann die Sonderausstellung »Der junge Marco Polo« gezeigt.
Bei dieser Gelegenheit verkündete Kanzlerin Naderer, dass die Filmwissenschaftlerin Ursula von Keitz, bisher an der Universität Konstanz, ab 1. Oktober die Leitung des Museums übernehmen werde. Sie folgt der langjährigen Chefin des Museums, Bärbel Dalichow, die vor rund einem Jahr in den Ruhestand versetzt worden war.
Bärbel Dalichow, die sich in der DDR als hartnäckige Oppositionelle hervorgetan hatte, war nach der Wende mit der Leitung des Filmmuseums betreut worden. Sie ist die Tochter der einstigen Potsdamer Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke und des DDR-Filmwissenschaftlers Helmut Hanke. Bei einem der wenigen öffentlichen Auftritte der Ex-Oberbürgermeisterin nach der Wende hatte Frau Hanke berichtet, dass Arbeiter sie im Zuge der Trümmerbeseitigung nach dem Kriege aufgefordert hätten, neben der Schlossruine gleich auch den relativ unzerstörten historischen Marstall abreißen zu lassen und so »Platz für Neues« zu schaffen. Sie hatte sich allerdings dem widersetzt.
Generaldirektor Dorgerloh steuerte gestern noch das Detail bei, dass es zu DDR-Zeiten zunächst geplant gewesen sei, den Marstall von seinem angestammten Platz zu entfernen und ihn am Alten Markt wieder aufzubauen. Dazu sei es »glücklicherweise« nicht gekommen.
Das heutige Filmmuseum ist 1685 als Orangerie errichtet worden. König Friedrich Wilhelm I. hatte den Bau als Pferde- und Reitstall genutzt, bevor er ab 1746 als Marstall erweitert und ausgeschmückt wurde. Nach der Novemberrevolution von 1918 wurde das Haus Garnisons-, später Heimatmuseum. Während der Arbeiterfestspiele 1966 war es Ausstellungshalle. Von 1977 bis 1981 zum Filmmuseum der DDR ausgebaut, gehörte der Marstall zu Bestand der damaligen »Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam Sanssouci«, deren Erbe die SPSG 1995 angetreten hat.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.