Bombe unterm Turban
Attentäter tötete Cousin des afghanischen Präsidenten
Kabul. Hashmid Karsai, Cousin des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, hatte am Dienstagmorgen in seinem Haus in Kandahar Gäste zum feierlichen Ende des Fastenmonats Ramadan empfangen, als ein Attentäter sich direkt neben ihm sprengte, wie afghanische Medien berichteten. Der Mörder soll den Sprengstoff unter seinem Turban versteckt und die Bombe gezündet haben, als er Karsai zur Begrüßung umarmte.
Hashmid Karsai ist bereits das zweite Familienmitglied, das bei einem Anschlag getötet wurde. Vor drei Jahren wurde der politisch einflussreiche Ahmed Wali Karsai, ein Halbbruder Präsident Karsais, auf ähnliche Weise in Kandahar getötet.
Hashmid Karsai war auch Mitglied der Provinzregierung von Kandahar. Der exzentrische Politiker, der sich einen Löwen als Haustier hielt, hatte als Wahlkampfmanager für Aschraf Ghani und dessen Team gearbeitet. Sein Tod droht die ohnehin angespannte politische Lage weiter zu verschärfen.
Die beiden Präsidentschaftskandidaten Aschraf Ghani und Abdullah Abdullah leisten sich seit Wochen einen erbitterten Streit um das Resultat der Stichwahl vom 14. Juni. Wegen Betrugs- und Manipulationsvorwürfen wurde zuletzt entschieden, dass alle acht Millionen Stimmen neu ausgezählt werden müssen. Präsident Karsai, der eigentlich seinen Posten räumen sollte, bleibt so lange im Amt, bis sein Nachfolger feststeht. Er regiert Afghanistan seit 2004 als Präsident und konnte sich nicht noch einmal zur Wahl stellen.
Vorläufigen Ergebnissen zufolge hat der frühere Finanzminister Ghani die Stichwahl im Juni klar gewonnen, doch sein Kontrahent Abdullah erkennt die Resultate nicht an. Selbst die Unabhängige Wahlkommission musste eingestehen, dass es Probleme bei der Auszählung der Stimmen gab. Der Streit um den Ausgang der Präsidentschaftswahl droht das Land zu destabilisieren und entlang ethnischer Linien zu spalten. Abdullah, Sohn eines paschtunischen Vaters und einer tadshikischen Mutter, hat vor allem im Norden starken Rückhalt. Zahlreiche Provinzgouverneure haben bereits erklärt, sie würden sich von der Zentralregierung in Kabul lossagen, falls Ghani, ein ethnischer Paschtune, Präsident wird.
Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Kandidaten erweckt die Furcht vor einem neuen Bürgerkrieg am Hindukusch. Der Abzug der sowjetischen Truppen Anfang der 90er Jahre stürzte Afghanistan in einen blutigen Konflikt, der erst endete, als die islamistischen Taliban 1996 die Herrschaft übernahmen. Die NATO will Ende des Jahres ihre Mission in Afghanistan beenden. Dann sollen die afghanischen Truppen die Sicherheitsverantwortung für das Land übernehmen. epd/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.