Sprüche bis zum Umfallen
Wie Hessens Grüne trotz aller Proteste der Fraport AG zum geplanten Terminal 3 verhelfen
Mit der Erteilung der Baugenehmigung für ein Terminal 3 ist der weitere zügige Ausbau des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens programmiert. Am Dienstag hatte die von einer schwarz-grünen Koalition regierte Stadtverwaltung der Bankenmetropole - sie fungiert unter Federführung von Planungsdezernent Olaf Cunitz (Grüne) als Genehmigungsbehörde - das 2,5 Milliarden Euro schwere Ausbauprojekt bestätigt. Ausbaugegner, Bürgerinitiativen und LINKE kritisieren dies und halten die Genehmigung für rechtswidrig.
Mit dem neuen Abfertigungsgebäude soll die Kapazität des Großflughafens mit seiner Drehkreuzfunktion im interkontinentalen Luftverkehr um weitere 14 Millionen Fluggäste pro Jahr gesteigert werden - spätestens ab 2021. Im vergangenen Jahr hatten 58 Millionen Fluggäste den Rhein-Main-Airport benutzt. Der Flughafenbetreiber Fraport AG geht von einer Steigerung auf rund 80 Millionen Fluggäste bis 2020 aus und möchte schon 2015 mit den Bauarbeiten für Terminal 3 beginnen.
Die Landesparteien von CDU und Grünen, die seit Januar 2014 die hessische Landesregierung stellen, äußerten sich offiziell eher zurückhaltend zu der Frankfurter Baugenehmigung. »Baurecht bedeutet nicht Baubeginn oder gar Baupflicht«, heißt es in aufeinander abgestimmten Erklärungen beider Landtagsfraktionen. Angesichts der hohen prognostizierten Baukosten sei eine »Bedarfsprüfung« weiterhin geboten. Letztlich entscheide aber nicht die Politik, sondern der Flughafenbetreiber Fraport über den Ausbau, so die Koalitionäre.
Die Fraport AG befindet sich allerdings auch nach der um die Jahrtausendwende eingeleiteten Teilprivatisierung nach wie vor mehrheitlich in öffentlichem Besitz. Mit 31,37 beziehungsweise 20,03 Prozent halten das Land Hessen und die kommunalen Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH zusammen die absolute Mehrheit der Fraport-Aktien. Schon längst bestimmen jedoch nicht Politiker von CDU und Grünen die Geschäftspolitik der Betreibergesellschaft, sondern die Deutsche Lufthansa und andere private Großaktionäre.
Die verhaltene Reaktion von CDU und Grünen auf Landesebene dürfte im Formelkompromiss des Koalitionsvertrages begründet sein, auf den sich beide Parteien Ende 2013 geeinigt hatten. Darin ist im Zusammenhang mit dem Terminal von »erheblichen ökonomischen Herausforderungen für die Fraport AG« und einer »Bedarfsprüfung des Bauvorhabens« die Rede. Als Fraport-Miteigentümer solle das Land Hessen »solange wie möglich mit ökonomisch vertretbaren und für die Region verträglicheren Alternativen zum Bau des Terminals 3« reagieren, so heißt es im Vertrag.
Von diesem verbalen Zugeständnis an die Ausbaukritiker sowie die von Fluglärm und Schadstoffen geplagten Anwohner dürfte nun allerdings wenig übrig bleiben. »Fraport darf jetzt die Bagger rollen lassen. Wir wissen vom Bau der Nordwestlandebahn, dass das Unternehmen nicht lange fackelt«, prophezeit der hessische Linksfraktionschef Willi van Ooyen. Er verweist dabei auf den abrupten Kurswechsel des grünen Spitzenmanns Tarek Al-Wazir, der seit Januar hessischer Wirtschafts- und Verkehrsminister ist. »Mit mir wird es kein Terminal 3 geben«, hatte Al-Wazir als grüner Spitzenkandidat noch vor Jahresfrist in einem Lokalblatt kundgetan: »Tonnenweise Beton in die Landschaft gießen und hoffen, dass Arbeitsplätze entstehen, ist Wirtschaftspolitik von gestern.«
Willi van Oyen: »In Wiesbaden kündigt die schwarz-grüne Landesregierung eine ergebnisoffene Bedarfsprüfung an. Gleichzeitig erteilt das schwarz-grün regierte Frankfurt die Baugenehmigung. Absurder geht’s nicht. Die Grünen machen sich damit selbst überflüssig.« Wenn Schwarz-Grün auf Landesebene beteure, Baurecht sei keine Baupflicht, gleiche dies dem Werfen einer Nebelkerze, unterstreicht der LINKE-Fraktionschef.
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