Rente und Rente ist zweierlei
Um Angleichung von Ost und West zu erreichen, müsste die Kanzlerin mehr tun als reden
Bereits im aktuellen Koalitionsvertrag findet sich das Ziel: »Zum Ende des Solidarpaktes, also 30 Jahre nach Herstellung der Einheit Deutschlands, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichung weiter fortgeschritten sein wird, erfolgt in einem letzten Schritt die vollständige Angleichung der Rentenwerte.« Der Solidarpakt endet 2019 - es geht also bereits um das Jahr 2020 als Zielmarke. Was zu tun ist, bleibt offen.
Erstens steht eine Angleichung der Einkommen in den Sternen. Derzeit wird in dem Bundesland mit den höchsten Durchschnittseinkommen Ost, in Brandenburg, mit 25 599 Euro pro Kopf brutto weniger verdient als im Land mit dem niedrigsten Einkommen West - Schleswig-Holstein mit 27 624 Euro. Die Löhne und Gehälter im Osten liegen immer noch über 20 Prozent unter denen der Länder im Westen. Bis zu einer Angleichung aber reproduziert sich der ungleiche Rentenanspruch des Durschnittsbürgers immer weiter, so dass Warten auf Angleichung fatal wirkt.
Zweites Hindernis: der Rentenpunkt ist in Ost und West unterschiedlich viel wert. Der Rentenpunkt West liegt bei 28,61 Euro, im Osten nur bei 26,39 Euro. Das führt auch dazu, dass Kindererziehungs-, Pflege- und Zivildienstzeiten unterschiedlich berechnet werden. Jüngstes Beispiel ist die Mütterrente - Mütter im Westen profitieren vom zusätzlichen Rentenpunkt mehr als Ostfrauen. Hinzu kommt: Was geschieht bei einer Angleichung mit dem sogenannten Umrechnungsfaktor Ost? Im Osten wird die Rentensumme mit diesem Faktor (etwas weniger als 1,2) multipliziert, was im Durchschnitt des Ostens für eine Anhebung der Renten um 18 Prozent sorgt, um die ungleichen Rentenwerte auszugleichen. Bei gleichem Verdienst, so merken Kritiker an, hat der Ossi mehr Rente. Das Problem ist, dass im Osten nicht gleich verdient wird - siehe oben.
Matthias Birkwald, Rentenfachmann der LINKEN im Bundestag, spricht deshalb von einer Nullmeldung. Der Antrag seiner Fraktion, der die Forderungen eines Bündnisses von Gewerkschaften, Volkssolidarität und Sozialverband Deutschland in Gesetzesanträge ummünzte, scheiterte damit erst vor einigen Wochen erneut an der Bundestagsmehrheit.
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