Putin setzt auf »Ruhe und Effizienz«

Beim Auftritt des russischen Staatschefs auf der Krim bleiben Sensationen aus

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
In Stunden größter politischer Aufregung fiel Russlands Präsident bei seinem Auftritt auf der Krim mit Besonnenheit auf. Keine Sensation, aber vielleicht doch überraschend.

Russland Außenpolitik werde friedliebend bleiben, versicherte Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag auf der Krim. »Wir werden nicht wie gewisse andere Leute mit einer geschwungenen Rasierklinge um die Welt reiten«, sagte der Kremlchef in Anspielung auf die Entwicklungen in der Ukraine. Auf der im März Russland beigetretenen Halbinsel hatte der Nationale Sicherheitsrat getagt. Anschließend traf sich Putin mit den Fraktionschefs der Duma. Diese hatten angesichts der Entwicklungen in der Ukraine und der gegen Russland verhängten Sanktionen des Westens härtere außenpolitische Bandagen verlangt.

Putin indes versprach lediglich, Russland werde alles tun, um das Blutvergießen in der Ukraine zu beenden. Dabei hatten russische Medien sich von dem erst am Vortag angekündigten Krim-Besuch eine Sensation versprochen. Der Präsident, so wurde dessen Pressesprecher von der staatsnahen Nachrichtenagentur RIA/Nowosti zitiert, werde in Jalta »eine sehr bedeutsame Ansprache« halten. Allein darauf hatten die Moskauer Börsen zu Beginn des Handelstages mit einem Zuwachs von mehr als einem Prozent reagiert.

Doch als der Berg dann kreißte, schien er nur ein ein Mäuslein zu gebären. Sogar das Staatsfernsehen verzichtete auf eine Live-Übertragung. Szenen-Applaus gab es offenbar auch nicht. Denn Putin arbeitete sich vor allem an der Innenpolitik ab. Der »weitere Aufbau des Landes« müsse »mit Ruhe und Effizienz« vorangetrieben werden.

Moskau werde sich nicht vom Rest der Welt isolieren und auch nicht die Beziehungen zu seinen Partnern abbrechen, erklärte Putin. Es werde aber gleichzeitig nicht gestatten, sich Russland gegenüber herablassend zu verhalten. Moskau behalte sich das Recht vor, internationale Abkommen und die Zuständigkeit des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auszusetzen, drohte der Kremlchef. Das vergangene Woche verhängte Embargo für Lebensmittel aus der EU sei indes keine bloße Retourkutsche für westliche Sanktionen. Mit dem einjährigen Einfuhrstopp solle vor allem die einheimische Agrarindustrie gestärkt und der Binnenmarkt für Staaten geöffnet werden, die mit Russland kooperieren wollen.

Zuvor hatte der für Rüstung zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin auf der Internationalen Waffenmesse Oboronexpo in Schukowski bei Moskau erklärt, Russland wolle keinen neuen Eisernen Vorhang fallen lassen. Selbstisolation wäre »für den Technologiebereich eine Katastrophe«. Zugleich kritisierte er die gegen Russland wegen des Ukraine-Konfliktes verhängten Sanktionen als »politisch motivierten unfreundlichen Akt«.

Darunter fallen auch Rüstungsgüter. Das russische Verteidigungsministerium arbeite an einer Klage gegen die deutsche Waffenschmiede Rheinmetall, informierte Rogosin. Sie sollte Lasersimulatoren für das Gefechtsausbildungszentrum in Mulino an der Wolga liefern, trat wegen des EU-Embargos jedoch vom Vertrag zurück. Der Vizepremier geht indes davon aus, dass »notfalls« auch die Vereinigte Gerätebaugesellschaft, die zur russischen Staatsholding Rostech gehört, solche Laser herstellen kann.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -