Mehr als ein Luftschloss?
Nicaraguas Kanalpläne nehmen Gestalt an
Während Panama den 100. Geburtstag seines Kanals feiert, nehmen in Nicaragua die Planungen für eine Konkurrenzverbindung zwischen Karibik und Pazifik Gestalt an. Der Baubeginn ist für den Jahreswechsel vorgesehen.
Schon vor 400 Jahren dachten die Spanier über eine solche Verbindung nach, später unterschrieben Nicaragua und die USA mehrere Vereinbarungen. In die Nähe einer Realisierung kamen all diese Pläne nie. Doch mit der Konzession, die die sandinistische Regierung von Daniel Ortega Mitte 2013 an das chinesische Konsortium HKND vergab, scheint das Jahrtausendprojekt, dessen Kosten auf 40 Milliarden Dollar veranschlagt sind, greifbar.
Anfang Juli stellte HKND-Chefingenieur Dong Yunsong den genauen Kanalverlauf über 300 Kilometer vor und warb zugleich, dass der Wasserweg Entwicklungschancen bringe. Fünf Prozent des Welthandels würden den Kanal nach der Fertigstellung 2019 passieren, das Bruttoinlandsprodukt werde sich verdoppeln und Nicaragua zum reichsten Land Zentralamerikas aufsteigen.
Die Pläne beinhalten Subprojekte. Im Städtchen Rivas zwischen Nicaragua-See und Pazifikküste sollen ein Öl- und Containerhafen, Freihandelszonen, ein Großflughafen und ein Tourismuskomplex entstehen. Hinzu kämen im ganzen Land Straßenverbindungen, riesige Brücken, die den Kanal überqueren, und ein dringend benötigter Karibikhafen.
Der regierungsnahe Gewerkschaftsbund CST unterstützt das Projekt - in der Hoffnung auf eine Million Arbeitsplätze und dauerhaftes Wachstum: »Die Arbeiterklasse Nicaraguas wird einer der größten Nutznießer sein«, erklärte CST-Vorstand Roberto González. Nach anfänglicher Ablehnung preist nun auch der Unternehmerverband COSEP das Projekt, »sofern nicaraguanisches Kapital und nationale Unternehmen bevorzugt eingebunden werden«.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Victor Hugo Tinoco, Abgeordneter der Bewegung zur Erneuerung des Sandinismus, zweifelt daran, dass der Kanal überhaupt gebaut wird. Es gehe um die anderen Infrastrukturprojekte, denn diese seien extrem lukrativ für HKND, nicaraguanische Unternehmer und für das Firmenimperium der Familie Ortega.
Kritiker bemängeln, die Kanalkonzession hebelte staatliche Kontrolle und Mitspracherechte der Bevölkerung aus, Grundstücke könnten unter Marktwert enteignet werden. Und für Aktivitäten im Konzessionsgebiet müssten keinerlei Steuern bezahlt werden.
Umweltschützer warnen davor, dass der Nicaragua-See - Zentralamerikas größtes Binnengewässer - durch Ausbaggerung und Schiffsverkehr kippen könnte. HKND hält dagegen, der Kanal werde Mittel für Umweltschutzmaßnahmen generieren. Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Durchgeführt wird sie von HKND.
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