Nuri al-Maliki kündigt Rückzug an

Verzicht zugunsten von Haidar al-Abadi / USA und Vereinte Nationen begrüßen Entscheidung nach langem Machtkampf in Irak

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Berlin. Im innerirakischen Machtkampf hat Ministerpräsident Nuri al-Maliki seinen Rückzug erklärt. Der seit 2006 amtierende Regierungschef verzichtet zugunsten seines Parteikollegen Haidar al-Abadi auf eine dritte Amtszeit, wie das Staatsfernsehen und die unabhängige Nachrichtenseite Al-Sumaria News am Donnerstagabend berichteten. Ein Streit von Schiiten, Sunniten und Kurden um die Besetzung der politischen Spitzenposten blockiert das Land seit Wochen. Auch der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Westen und Norden des Landes änderte daran nichts.

Al-Maliki hat lange um sein Amt gekämpft und sich dabei auf seinen Wahlsieg von Ende April berufen. Doch nicht nur im Ausland, sondern auch in der Hauptstadt Bagdad und selbst in der eigenen Partei schwand sein Rückhalt. Unter Al-Malikis Führung hat die von Schiiten dominierte Regierung die Sunniten im Land systematisch benachteiligt. Seine Regierung hat zudem viele grundlegende Probleme im Land nicht gelöst. So leidet der ölreiche Irak bis heute unter einem massiven Strommangel.

Al-Abadi war am Montag vom irakischen Präsidenten Fuad Massum mit der Regierungsbildung beauftragt worden - gegen den ausdrücklichen Willen Al-Malikis. Al-Maliki und Al-Abadi gehören beide der schiitischen Dawa-Partei an, die bei den Wahlen Ende April die meisten Mandate im Parlament gewonnen hat.

Al-Maliki hatte es einen Verfassungsbruch genannt, dass Massum ihn überging, sich tagelang vehement gegen einen Rücktritt gestemmt und deswegen eine Verfassungsklage gegen Massum eingereicht. Noch am Sonntagabend hatte er Sicherheitskräfte an wichtigen Stellen in Bagdad positionieren lassen, um seinen Machtanspruch zu untermauern. Seit längerem fehlt Al-Maliki aber der Rückhalt im Parlament. Sunnitische Abgeordnete, aber auch schiitische Parlamentarier aus den eigenen Reihen sprachen dem Regierungschef zuletzt die Fähigkeit ab, das Land zu einen und gegen die Angriffe der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu verteidigen. Auch die USA sagten seien Konkurrenten Al-Abadi ihre Unterstützung zu.

Derweil haben nach den USA auch die Vereinten Nationen (UN) Nuri al-Maliki für dessen Rückzug aus dem Machtkampf im Irak gelobt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüße den Entschluss Al-Malikis, teilte ein UN-Sprecher in der Nacht auf Freitag mit. Ban würdige auch, dass Al-Maliki seinen designierten Nachfolger Haidar al-Abadi unterstütze. Dadurch könne die für das Land wichtige Regierungsbildung nun rasch voranschreiten.

Den lähmenden Machtkampf in Bagdad hatte der Islamische Staat ausgenutzt. Immer mehr Gebiete brachte die Gruppe in den vergangenen Wochen unter Kontrolle. Zehntausende sind vor den äußerst brutal vorgehenden IS-Kämpfern geflüchtet, zuletzt im Norden des Landes. Um deren Not zu lindern, bringen vier Bundeswehr-Flugzeuge am Freitag zunächst knapp 36 Tonnen Medikamente, Lebensmittel und Decken in das Krisengebiet. Wie die Bundeswehr mitteilte, fliegen die Transall-Flugzeuge die Hilfsgüter nach Erbil im kurdischen Autonomiegebiet. Dort werden sie UN-Organisationen übergeben. Agenturen/nd

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