Premier Valls versucht zu kitten

Sommeruni streitet über Rechtsruck in Frankreich

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Sommeruniversität der französischen Sozialistischen Partei (PS) in La Rochelle, die am Sonntag endete, stand im Zeichen des Kräftemessens zwischen den Sozialisten, die den Rechtsruck der Regierung Valls mittragen, und dem durch die «Dissidenten» in der PS-Parlamentsfraktion repräsentierten linken Parteiflügel. Dieser stemmt sich sich gegen den «Verrat an den traditionellen Werten der Sozialisten». Die Zerrissenheit spiegelt auch eine Umfrage der Sonntagszeitung «Journal du Dimanche» wider, nach der 76 Prozent der Franzosen eine Spaltung der PS noch vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl 2017 für möglich halten.

«Links sein heißt, sich vor allem für soziale Gerechtigkeit, für die Umverteilung der Reichtümer und für republikanische Gleichheit einzusetzen», mahnte die Senatorin Marie-Noëlle Lieneman, eine der Sprecherinnen des linken PS-Flügels. Die Sozialisten müssten die öffentlichen Investitionen verteidigen und die Mittel des Staates im Interesse der Allgemeinheit einsetzen. «Doch die gegenwärtige Regierung verteidigt nicht mehr die humanistischen Werte der französischen Linken», so die Senatorin. «Sie betrachtet die Welt durch die Brille des Liberalismus und entsprechend ist ihre Wirtschaftspolitik.»

Angesichts der wachsenden Aufmerksamkeit für die linken «Dissidenten» haben sich 200 Mitglieder der PS-Parlamentsfraktion in einem offenen Brief demonstrativ hinter Präsident François Hollande und Premier Manuel Valls gestellt. Manuel Valls, der zum Abschluss der Sommeruniversität das Wort ergriff, versuchte, die jüngste Regierungskrise zu entschärfen und die Risse zu kitten, die quer durch die Sozialistische Partei gehen. «Was uns eint, muss stärker sein, als was uns trennt», rief er mahnend. «Die Wähler haben uns die Regierungsverantwortung anvertraut und sie verbinden damit große Hoffnungen. Das ist eine große Verantwortung, zumal wir in besonders schwierigen Zeiten am Regierungsruder stehen.» Es werde keine Änderung des Kurses der Regierung geben, versicherte er. «Wir stehen zu unserer Hilfe für die Unternehmen. Sie schaffen Werte, und das ist nötig, um die Wirtschaft wieder nach vorne zu bringen», so Valls. Zugleich mahnte er: «Die Nation hat große Anstrengungen unternommen. Jetzt ist es an den Unternehmern, wirtschaftlichen Patriotismus zu zeigen, zu investieren und auch die Löhne zu erhöhen.» Der Premier versicherte, dass die 35-Stunden-Arbeitswoche nicht in Frage gestellt wird und dass die Senkung der Staatsverschuldung kein Selbstzweck sei. «Wir betreiben keine überzogene Sparpolitik. Wir schaffen 60 000 neue Posten im Bildungssektor und Tausende Posten in Polizei und Justiz. Wir halten die Ausgaben für Kultur auf dem aktuellen Niveau. Wir schützen weiter die sozial Schwächsten.» Das sei der Unterschied zwischen Linken und Rechten, zwischen Frankreich und anderen Ländern Europas«, sagte der Regierungschef. »Wir sollten nicht selbst unsere Politik karikieren. Das tun die anderen schon genug.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -