Terroropfer in Irak fordern Aufklärung
Bagdad wegen Dschihadisten-Vormarsch unter Druck
Bagdad. Hunderte Angehörige vermisster Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte haben nach Angaben von Augenzeugen am Dienstag das Parlament in Bagdad gestürmt. Die Menge sei in das Gebäude eingedrungen, habe Abgeordnete angegriffen und einen Sitzstreik im Plenarsaal begonnen, sagte ein offizieller Vertreter, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs in dem Gebäude aufhielt. Irakische Bereitschaftspolizisten gingen den Angaben zufolge gegen die Protestierenden vor, die Aufklärung über das Schicksal von Soldaten und Polizisten verlangten, die sich im Juni den vorrückenden Dschihadisten ergeben hatten.
Die Dschihadisten-Miliz »Islamischer Staat« (IS) betreibt nach einem Bericht von Amnesty International in Nordirak eine Kampagne der »systematischen ethnischen Säuberungen«. Minderheiten wie die Jesiden, Christen oder schiitischen Turkmenen würden systematisch ausgelöscht, sagte am Dienstag Amnesty-Vertreterin Donatella Rovera, die sich derzeit in der Region aufhält. Unter Berufung auf Augenzeugenberichte warf die Menschenrechtsgruppe dem IS schwere Kriegsverbrechen vor.
In dem Report kommen Überlebende von Massenhinrichtungen zu Wort. Demnach wurden allein am 3. und 15. August Hunderte Männer und Jungen aus den Jesiden-Dörfern Kinije und Kocho umgebracht. Laut Amnesty verschleppten IS-Milizionäre auch Tausende Frauen und Kinder, Zehntausende flüchteten. In einem Fall habe eine Familie 45 vermisste Angehörige gemeldet. Amnesty-Vertreterin Rovera forderte Iraks Regierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Der australische Premier Tony Abbott kündigte unterdessen an, schon in wenigen Tagen mit Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer zu beginnen. Die Grausamkeit der IS-Kämpfer rechtfertige es, sie mit aller Macht zu bekämpfen.
Derweil präsentiert die Terrormiliz in einem im Internet veröffentlichten Video nach eigenen Angaben in Syrien erbeutete deutsche und russische Waffen. In dem Video zeigen IS-Extremisten unter anderem alte russische Kampfjets, Artillerie und Raketen, von denen einige auf Deutsch mit »Lenkflugkörper DM 72 - 136 mm Panzerabwehr« beschriftet sind. Es sind die ersten bekannt gewordenen Aufnahmen aus dem vergangene Woche von der Terrormiliz eroberten Militärflughafen Al-Tabka.
Rebellen der Nusra-Front in Syrien verlangen von den Vereinten Nationen, von der Terrorliste gestrichen zu werden. Diese und weitere Forderungen hätten die Islamisten im Austausch für 44 gefangene fidschianische UNO-Blauhelmsoldaten gestellt, hieß es. Agenturen/nd
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