Blutige »Botschaft an Amerika«

Islamistische Terroristen schlachteten weiteren Journalisten ab / US-Militär in Irak wird verstärkt

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Erneut zeigte der »Islamische Staat«, dass Mord sein Markenzeichen ist: Ein weiteres Enthauptungs-Video wurde in Netz gestellt.

»Ich bin wieder zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Ihrer arroganten Außenpolitik gegenüber dem Islamischen Staat.« Mit diesen Worten beginnt ein neuerliches Hinrichtungsvideo, das am Montag per YouTube verbreitet worden war und die Hinrichtung des US-Journalisten Steven Sotloff zeigen soll. Der 31-Jährige Sotloff kniet in einem orangen Overall - wie die Häftlinge des US-Gefangenenlagers Guantanamo - neben einem in Schwarz gekleideten und vermummten Mann, der in gutem Englisch mit breitem Londoner Akzent in die Kamera spricht.

»So, wie Ihre Raketen auf den Schultern unserer Leute niedergehen, wird unser Messer weiter die Hälse Ihrer Leute treffen«, fährt der Mann fort, bevor er sich umdreht und Sotloff die Kehle durchschneidet. Dieser hatte zuvor eine von seinen Entführern vorbereitete Botschaft verlesen, in der die US-Politik für seinen Tod verantwortlich gemacht wird. Am Ende der Sequenz, die vor einer Wüstenlandschaft aufgenommen wurde, liegt der leblose Körper Sotloffs am Boden. Der Mörder stellt dann eine weitere Geisel vor, die das nächste Opfer werden könnte. Bei dem Mann handelt es sich um einen britischen Staatsbürger, dessen Familie laut BBC gebeten hat, seinen Namen nicht zu veröffentlichen.

Sotloffs Mutter hatte vor wenigen Tagen direkt an den selbst ernannten Führer des »Islamischen Staates«, Abu Bakr al-Bagdadi, appelliert, ihren Sohn freizulassen. Das israelische Außenministerium bestätigte derweil, dass Sotloff auch die israelische Staatsangehörigkeit hatte. Das Enthauptungs-Video mit dem Titel »Zweite Botschaft an Amerika« war vom Internetportal SITE des gleichnamigen Instituts »aufgefangen« worden. In der von SITE veröffentlichten Mitschrift des Videotextes wurden (nach Angaben der Deutschen Welle) alle Regierungen gewarnt, sich nicht auf eine »böse Allianz« mit Amerika einzulassen.

Eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA erklärte am Mittwoch, dass die Geheimdienste die Echtheit des Videos bestätigt hätten. Die Pressestelle des Weißen Hauses teilte am selben Tag mit, Präsident Barack Obama habe die Entsendung von 350 weiteren Militärs nach Irak angeordnet. Damit wären mehr als 1000 US-Soldaten in Irak stationiert, davon 300 Militärberater der irakischen Armee.

Unbestätigten Berichten zufolge sollen sich mindestens fünf US-Bürger und insgesamt bis zu 40 aus dem westlichen Ausland stammende Personen in der Geiselhaft des »Islamischen Staates« befinden. Um deren Aufenthaltsorte ausfindig zu machen, hatte Obama nach der Ermordung des Reporters James Foley vor zwei Wochen die Luftraumüberwachung über dem Osten Syriens angeordnet. Eine Befreiungsaktion durch US-Spezialkräfte war Anfang Juli fehlgeschlagen.

Weltweit wurde der erneute Mord an einem Journalisten durch die Dschihadisten verurteilt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen bezeichnete den »zur Schau gestellten Mord« als »abscheuliches Kriegsverbrechen«, das bestraft werden müsse. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon äußerte sich »entsetzt über die Berichte aus Irak über die brutale Ermordung von Zivilisten durch den ›Islamischen Staat‹, einschließlich der gestern berichteten Enthauptung eines weiteren Journalisten«. Er bezog sich dabei auf einen Bericht von Amnesty International, in dem über massive Verbrechen der Kampfgruppe gegen Zivilisten und Andersgläubige berichtet und von einem »Völkermord« gesprochen worden war.

Kurdische Frauenorganisationen weisen auf die Angriffe der islamistischen Milizen gegen Frauen hin. Meral Cicek von der Organisation für die Angelegenheiten von Frauen im nordirakischen Erbil appellierte an muslimische Frauen, sich gegen die Angriffe zu engagieren, denn sie würden »im Namen des Islam« verübt. Die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA wies auf Plakate in Mossul hin, auf denen die Bevölkerung aufgefordert werde, »ihre unverheirateten Mädchen zu bringen, so dass sie ihre sexuelle Pflicht im Heiligen Krieg für die kämpfenden Brüder in der Stadt erfüllen«. Wer sich weigere, werde »die Macht der Scharia zu spüren bekommen.« Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtete, dass Frauen auf Sklavenmärkten verkauft würden. Bei einer Sitzung des UNO-Menschenrechtsrates hieß es, dass mindestens 2750 Frauen vom »Islamischen Staat« entführt und versklavt worden seien.

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