Potsdam verliert den Anschluss
Turbine kassiert gegen die Fußballerinnen vom FC Bayern München die erste Heimniederlage seit fast einem Jahr
Der ganze Frust war zu spüren. Als Jennifer Zietz nach knapp einer Stunde ausgewechselt wurde, war sie nicht mehr zu trösten. Weder von ihren Mitspielerinnen, noch von ihrem Trainer, noch von den Zuschauern, die den Abgang der Fußballerin des 1. FFC Turbine Potsdam mit aufmunternden Sprechchören begleiteten. Man konnte ihren Ärger verstehen. Denn Zietz hatte im Bundesliga-Spitzenspiel gegen den FC Bayern München nur wenige Minuten zuvor ein unglückliches Handspiel im Strafraum begangen, damit den Rückstand ihrer Mannschaft eingeleitet und letztlich die Partie entschieden.
Die Münchner Spielführerin Melanie Behringer hatte das Geschenk dankend angenommen und sicher zum 0:1 (56.) verwandelt. Es sollte das einzige Tor am Sonntag im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion bleiben. Potsdam musste nur eine Woche nach der ersten Saisonniederlage beim Titelverteidiger VfL Wolfsburg gleich die zweite Pleite hinnehmen und verlor zugleich den Anschluss an den Tabellenführer aus Niedersachsen. Turbine ist hinter Wolfsburg, Bayern und Frankfurt nur noch auf Rang vier.
Das 0:1 war für die Potsdamerinnen nicht nur ärgerlich, sondern auch ungewöhnlich. Denn Heimpleiten kennen sie kaum. Die letzte Niederlage in der Budnesliga vor eigenem Publikum gab es im Dezember 2013 gegen den 1. FFC Frankfurt. Entsprechend groß war die Begeisterung bei Bayern Münchens Trainer Thomas Wörle: »Ich bin zum sechsten Mal in Potsdam und hatte hier zuvor noch nie gewonnen.« Über die spielentscheidende Szene konnte Wörle indes nicht viel sagen: »Ich habe das Handspiel gar nicht mitbekommen und nur mitgejubelt.«
Dabei mag es zwar als ein glücklicher Umstand erscheinen, dass die Münchenerinnen die Partie ausgerechnet durch einen verwandelten Elfmeter gewannen. Doch das Ergebnis spiegelte den Spielverlauf ganz gut wider. Bereits in der Anfangsphase waren die Bayern das bessere Team. Bezeichnend, dass die gefährlichste Szene der Potsdamerinnen aus einem 30-Meter-Distanzschuss von Genoveva Anonma resultierte. Auf der anderen Seite spielte sich der FCB immer wieder gefährlich nach vorn. Die agile Angreiferin Vanessa Bürki traf erst aus Nahdistanz das Außennetz und prüfte dann Turbine-Torhüterin Anna Felicitas Sarholz. Und direkt nach dem Führungstor hätte Vivianne Miedema sogar auf 2:0 erhöhen können, als sie im Strafraum frei zum Schuss kam. Die Potsdamerinnen waren in dieser Phase komplett verunsichert.
Erst in der letzten halben Stunde wachte Turbine auf. Natasa Andonova zirkelte einen Freistoß über das Tor, Julia Simic vergab nach Vorlage von Anonma aus Nahdistanz, Asano Nagasato scheiterte an Bayerns Torhüterin Tinja-Riikka Korpela. Turbine war jetzt im Spiel, ein Tor sollte aber nicht mehr gelingen. Letztlich ging der Sieg des FC Bayern aufgrund der ersten Halbzeit völlig in Ordnung. »Wir waren in den ersten 45 Minuten überhaupt nicht auf dem Platz. Erst in der zweiten Halbzeit haben wir zu unseren Tugenden zurückgefunden«, kritisierte Turbine-Trainer Bernd Schröder. Thomas Wörle fand dagegen nur lobende Worte: »Wir haben im Kollektiv agiert und besonders zu Spielbeginn die Potsdamerinnen unter Druck setzen können.« Zwar habe man nach dem Führungstor einige brenzlige Situationen zu überstehen gehabt, doch die Partie immer noch ganz gut kontrolliert.
Beide Trainer waren sich also in ihrer Spieleinschätzung weitgehend einig. Eines aber wollte Bernd Schröder noch klarstellen: Jennifer Zietz sei nicht der Sündenbock für die Niederlage gewesen. »Sie war einfach verunsichert. Deshalb habe ich sie rausgenommen.« Ansonsten lobte er fleißig den Gegner: »Bayern ist zurzeit die beste Mannschaft der Liga, besser als Wolfsburg und Frankfurt.« Und - das hat der direkte Vergleich am Sonntag gezeigt - besser als Turbine.
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