Das internationale Recht ist unser Maßstab
Majed Abbadi über die Arbeit der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Al-Haq
Was ist die zentrale Aufgabe von Al-Haq?
Das Anprangern von Menschenrechtsverletzungen unter der israelischen Besatzung ist unsere zentrale Aufgabe. Schon die Gründer haben sich die Frage gestellt, wie können die Kämpfe gegen die Besatzung auf eine internationale Ebene gehoben werden? Das internationale Recht ist für uns dabei der zentrale Maßstab.
Wie sieht ihre Arbeit im Konkreten aus?
Wir haben seit den 80er Jahren Feldforschung betrieben, Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, Analysen erstellt und in die internationale Arena gegeben. Daneben veranstaltet das Al-Haq Center für internationales Recht jährlich eine Sommerschule und Seminare auf internationaler Ebene. Damit haben Menschen aus aller Welt die Möglichkeit, sich von der Situation vor Ort mit eigenen Augen zu überzeugen.
Welche Menschenrechtsverletzungen untersuchen Sie zurzeit?
Aktuell liegt der Schwerpunkt unserer Arbeit in der Dokumentation und Analyse der Menschenrechtsverletzungen, die die israelische Armee beim vergangenen Angriff auf Gaza verübt hat. Dabei sind über 2000 Menschen gestorben. Das Agieren der israelischen Armee verstößt gegen internationales Recht, an das sich jede Besatzungsmacht halten muss.
Warum sprechen Sie von Israel als Besatzungsmacht im Gaza-Streifen, obwohl sich seine Armee Mitte 2005 dort zurückgezogen hat?
Es gibt unterschiedliche Formen der Besatzung. Israel kontrolliert das Wasser und die Bodenschätze des Gaza-Streifens, entscheidet wer das Gebiet betreten darf und wer nicht. Daher ist für uns Israel weiterhin eine Besatzungsmacht.
Warum unternimmt die palästinensische Autonomiebehörde so große Anstrengungen, um dem Internationalen Strafgerichtshof IStGH beizutreten?
Der IStGH ist eines der wirkungsvollsten Instrumente, die wir auf internationaler Ebene haben. Wir unterstützen deshalb diesen Schritt vollständig und rufen auch die Freunde Israels in der UNO auf, die Mitgliedschaft Palästinas im IStGH nicht weiter zu blockieren. Schließlich wird dort nicht nach politischen sondern nach juristischen Aspekten geprüft. Wenn es in Israel keine Menschenrechtsverletzungen gegeben hat, wie immer behauptet wird, dann wird der IStGH auch das feststellen. Das wäre doch ein großer Erfolg für Israel. Doch sie versuchen, diesen Schritt zu verhindern, weil sie wissen, dass Israel die Menschenrechte verletzt hat.
Warum fordern Sie gerade von der deutschen Regierung, sie soll sich gegen diese Blockadepolitik engagieren?
Deutschland ist immer als starker Befürworter des IStGH aufgetreten. Nun bezeichnet die deutsche Regierung einen Beitritt Palästinas als eine Gefahr für den Friedensprozess. Dabei könnte der IStGH den Friedensprozess beleben, weil er deutlich machen könnte, dass internationales Recht wichtiger ist als die Politik.
Kümmert sich Al-Haq auch um Menschenrechtsverletzungen der palästinensischen Behörden?
Wir dokumentieren auch Menschenrechtsverletzungen der Autonomiebehörde, egal ob sie in Ramallah oder Gaza sitzt. Wir legen den Verantwortlichen die Daten vor und wenn sie darauf nicht reagieren, machen wir die Fälle in unseren Medien öffentlich. Weil wir gute Kontakte zu palästinensischen Medien haben, konnten wir damit erfolgreich Menschenrechtsverletzungen der Autonomiebehörden thematisieren.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.