- Politik
- Der unrühmliche Verkauf des ehemaligen DDR-Rundfunkzentrums Nalepastraße
Erst verscherbelt, dann zerhackt
Neuer Investor will mit Mietern des Medienstandortes über gemeinsame Zukunft reden
Kaum ist das Areal weg, erinnert man sich an die unvergleichliche Akustik des großen Sendesaales, die einmalige Technik von Gerhard Probst und die eindrucksvolle Architektur des Bauhaus-Schülers Franz Ehrlich. Nachdem die niederländische »Keshet Geschäftsführungs GmbH & Co. Radio Center Berlin KG« mit Albert Ben-David an der Spitze das Areal ersteigert hat, sind die Politiker aufgescheucht. Von Verschleuderung des Areals ist die Rede. Plötzlich fragt man sich, warum Berlin und die neuen Bundesländer die Immobilie nicht selbst vermarktet haben. Der Limsa und dem Land Berlin wird Versagen vorgeworfen. Die Immobilie sei schlichtweg verscherbelt und dann wegen der höheren Gewinnerwartung vom Geschäftsführer der »Bau und Praktik« in drei Teile zerhackt worden.
1992 hatten die beteiligten Länder die »Neue Länder Verwaltung und Verwertung GmbH« (NLG) gegründet. Deren Aufgabe sollte die Kapitalisierung der Liegenschaften des einstigen DDR-Rundfunks sein. 1995 wurde die GmbH aufgelöst, weil die Aufgabe erledigt schien. Da fiel auf, dass das ehemalige Rundfunkzentrum an der Nalepastraße noch nicht verwertet war.
Nun übernahmen die neuen Bundesländer anteilig das Gelände. Die Beteiligung richtete sich nach dem Anteil des Gebührenaufkommens für den damaligen DDR-Rundfunk. Auf Berlin entfielen 8,5 Prozent, auf Sachsen-Anhalt 18 und auf Sachsen knapp 30 Prozent. Mit der Vermarktung beauftragt wurde die Limsa in Magdeburg.
Wie der Kontakt zu der Baumaschinenfirma in Jessen zustande kam, ist heute angeblich nicht mehr nachvollziehbar. Frank Thiele besitzt noch ein zweites Drittel des Areals, das dritte Stück bewirtschaftet Thiele-Sohn Nico für die Firma »Spree Development«. Der neue Investor Albert Ben-David versprach den etwa 120 Mietern, kräftig zu investieren, um den Medienstandort wieder flott zu machen, denn die sind äußerst verunsichert, wenn die Rede auf ihre Zukunft in Oberschöneweide kommt.
Schon einmal, erst ein paar Wochen her, floppte der Verkauf. Der Berliner Schönheitschirurg Moustafa Mahjoub sorgte für Verwirrung, als er dieses Gelände für 4,75 Millionen Euro ersteigerte, dann aber nichts mehr von sich hören ließ. Das Objekt kam ein zweites Mal unter den Hammer, nun erhielt Albert Ben-David den Zuschlag, der sich mit den Mietern in der Nalepastraße traf, um über eine eventuelle gemeinsame Zukunft zu reden.
Das gesamte Gelände hatte von 1992 bis 2005 den neuen Bundesländern und Berlin gehört und wurde dann von der Limsa verkauft. Limsa-Chef Hans-Erich Gerst wurde vom Dienst suspendiert. Er übe, entgegen anders lautenden Berichten, keine andere Tätigkeit in der Landesverwaltung aus, hieß es. Gerst sei als Beamter beurlaubt.
Fakten
Eine Sperrholzfurnier-Fabrik wurde Anfang der 50er Jahre zum Rundfunkzentrum umgebaut. 1956 nahm das Haus den Betrieb auf.
Vom Funkhaus Nalepastraße sendeten Radio DDR I und II, Stimme der DDR, Berliner Rundfunk, Jugendradio DT 64 und Radio Berlin International.
In Block A saß das Rundfunk-Komitee. Außerdem sendete von hier die Stimme der DDR. Heute sind hier Tonstudios. In Block B waren die Sendesäle. Heute arbeitet hier das Filmorchester Babelsberg. In Block C befand sich der Kultursaal. Jetzt haben hier verschiedene Künstler ihre Ateliers und Studios. In Block D war der Fuhrpark untergebracht. In Block E saßen Berliner Rundfunk, Radio DDR und DT 64 sowie die zentrale Nachrichtenabteilung.
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