Kipping lobt Gaucks Einsicht
Bundespräsident nach seiner Kritik an Rot-Rot-Grün: Wählerwille muss respektiert werden / Linkenvorsitzende für Neuanfang in der Erinnerungspolitik
Berlin. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat die jüngsten Äußerungen von Joachim Gauck über die SED gelobt. »Ich finde es ausdrücklich richtig, dass der Bundespräsident Irritationen ausräumt«, sagte sie der »Mitteldeutschen Zeitung«. Gauck hatte sich in der vergangenen Woche zunächst gegen eine rot-rot-grüne Koalition in Thüringen ausgesprochen und dies mit Bedenken begründet, die Linkspartei hätte sich nicht ausreichend von der SED-Politik entfernt. Dies hatte weithin Kritik ausgelöst, das Staatsoberhaupt dürfe sich nicht auf eine parteipolitische Seite stellen.
Nun sagte Gauck der »Berliner Zeitung«, er habe »eine Debatte aufgenommen, die in Thüringen und in der Bundesrepublik insgesamt existiert«. Er habe immer für Aufklärung der Geschichte und die Einbeziehung der Sicht der Opfer der SED-Politik eingesetzt. »Dazu gehört für mich, dass wir uns dem Unrecht der DDR-Vergangenheit stellen und sie nicht an einem bestimmten Punkt für abgeschlossen erklären«, so Gauck. Der Wählerwille und das anstehende Votum der Abgeordneten seien aber »in einer Demokratie zu respektieren«.
Der Bundespräsident lobte zudem »die Friedfertigen« auf Seiten der DDR-Sicherheitsorganen. Dies hätten »Respekt verdient«, da auch sie durch ihre Gewaltlosigkeit zur Friedlichen Revolution von 1989 beigetragen haben. »Wir haben schon damals die Gegenseite nicht als monolithischen Block gesehen«, sagte Gauck der »Berliner Zeitung«. Es habe »sogar in den Führungsetagen der SED einige wenige« gegeben, »die es mit Dialog versuchen wollten«.
Kipping nannte »einen Neuanfang in der Erinnerungspolitik« nötig. »Das zentrale Motiv muss es sein, Brücken zu bauen und eine neue Kultur des Zuhörens zu etablieren. Überall dort, wo die Erinnerung vordergründig im Parteienstreit instrumentalisiert wird, steht die Aufarbeitung und Versöhnung hintenan.« Der »Mitteldeutschen Zeitung« sagte sie zudem, man müsse »Wege finden, die verschiedenen Perspektiven auf die DDR, auf Unrecht, auf Widerstand, auf Alltag und Lebensleistungen miteinander in einen Dialog zu bringen, um die Brücken zu bauen, die Versöhnung ermöglichen. Wir müssen über eine Erinnerungspolitik, die nur auf Polarisierung zielt, hinauswachsen«. nd
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