Mayo oder Mayonnaise?
Rechtsstreit um vegane Salatsauce
Bei der US-Lebensmittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) ticken die Uhren langsamer. Oder das Amt verlässt sich vielleicht einfach auf Martha Stewart – die allwissende Hausfrau der Nation. Und wenn Martha den Küchenlöffel schwingt, dann hat dies dem gemeinen Fernsehvolk zu schmecken, Punkt, aus! Was fast noch wichtiger ist: Niemand hat Marthas Rezepte in Frage zu stellen. Was Martha kocht, kann schon aus Gründen physikalischer Naturgesetze nie und nimmer anders zubereitet werden – so auch Marthas Rezept für Mayonnaise. Die Auswahl an Zutaten ist simpel: Zwei Eigelb, eine Messerspitze Senf, vier Messerspitzen Zitronensaft, eine Tasse Öl sowie Salz und Pfeffer zum Abschmecken - fertig ist die weiß-gelbe, leicht säuerlich und vor allem fettreiche Kalorienbombe für Salate oder als Dip. Der FDA scheint diese Rezeptur jedenfalls seit 1957 zu munden, denn seit diesem Jahr gilt in den USA eine Verordnung, nach der sich eine Soße nur Mayonnaise nennen darf, wenn sie Eigelb enthält.
Die Lebensmittelbehörde FDA hat in den 50ern (und den Jahrzehnten danach) wahrscheinlich noch nicht mit Firmen wie Hampton-Creek gerechnet. Das junge Unternehmen aus San Francisco hat sich auf vegane Fertiggerichte spezialisiert und und im Fall der Mayonnaise ein Rezept als Vorlage verwendet, welches viele Pflanzenesser schon lange als Basis für eine in wenigen Minuten selbst hergestellte Mayonnaise nehmen: Statt Eigelb tut es auch eine viertel Tasse Sojamilch (die in der EU übrigens nur Sojadrink heißen darf), die im Fall von Hampton-Creek zwecks leichterer Verarbeitung und längerer Haltbarkeit durch Erbsenmehl ersetzt wurde. Wer den Unterschied nicht kennt, dem würde geschmacklich und optisch mit Sicherheit nicht auffallen, dass beide Rezepturen auf Eigelb verzichten.
Josh Tetrick, Veganer, Gründer und Chef von Hampton-Creek hat sich für das Design seines Produktes einen witzigen Seitenhieb auf das tierische Mayonnaise-Pendant einfallen lassen: Auf dem Etikett ist ein Ei zu sehen, aus dem eine Pflanze wächst. Millionen Hühner sollen für solch ein simples Geschmackserlebnis wie Mayonnaise nicht mehr qualvoll gezüchtet werden, ist die simple Idee von Tetrick, dessen Firma inzwischen auch an weiteren pflanzlichen Alternativen, etwa dem Rührei auf der Basis von Getreide und Hülsenfrüchten, arbeitet.
Doch damit hat sich der vegane Unternehmensgründer mit den Großen der Lebensmittelbranche angelegt. Milliardengigant Unilever ärgert sich nicht nur über einen weiteren Konkurrenten, sondern zerrt diesen auf Grundlage der 67 Jahre alten FDA-Verordnung vor Gericht. Hampton-Creek müsse nicht nur damit aufhören, seine »Just Mayo« als eben solche zu bezeichnen, sondern soll gleich noch neben einen neuen Etikett auch Schadensersatz an Unilever zahlen, da die pflanzliche Konkurrenz »ernsthafte, irreparable Schäden« für den Lebensmittelriesen bedeute.
Würde ein Hersteller von rein pflanzlicher Mayonnaise im übrigen in der EU auf die Idee kommen, seine weiß-gelbe Salatsoße auch als Mayonnaise anzubieten, könnte es juristische Ärger geben: Auch die EU regelt ähnlich wie die FDA, dass besagte Sauce Eigelb enthalten muss. Die dazugehörige Verordnung stammt von 1989 – einer Zeit, in der vegane Lebensmittel in Brüssel noch verängstigte Befremdlichkeit auslösten.
So genannte Salatmayonaise muss nach den Bestimmungen des Verbands der Hersteller kulinarischer Lebensmittel übrigens kein Eigelb enthalten - den Unterschied dürfte die meisten Verbraucher aber weder schmecken noch wirklich kennen.
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