Arbeiterkampf an der »Mall of Shame«
Bauarbeiter aus Rumänien fordern vor dem neu eröffneten Shoppingcenter »Mall of Berlin« ausstehende Löhne ein
»Mall of Shame. Erbaut auf Ausbeutung«, steht auf einem großen Transparent vor dem neuen Einkaufstempel »Mall of Berlin«. Passanten bleiben stehen, lesen aufmerksam das Banner, einige nehmen Flugblätter entgegen, die von einer Gruppe Menschen verteilt wird. »FAU im Arbeitskampf« steht auf einer gelben Weste, die Bogdan Droma über seinen Anorak gezogen hat. Seit einer Woche steht er hier jeden Tag sechs Stunden in der Kälte und protestiert. Zusammen mit weiteren Protestierenden und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU), die 20 rumänische Bauarbeiter bei ihrem Protest unterstützt, will Droma seinen ausstehenden Lohn einfordern. Er und die anderen Arbeiter haben monatelang auf der Baustelle geschuftet, wurden aber um einen Teil ihres Lohns betrogen.
Bis September 2014 hätten sie auf der Baustelle gearbeitet, sechs Euro die Stunde sei ihnen zugesichert worden. Doch auf den größten Teils des Betrags warten die Bauarbeiter bis heute. »Wir haben manchmal kleinere Beträge ausgezahlt bekommen. Immer wenn wir den vollständigen Lohn einforderten, wurde uns gesagt, wir sollten uns gedulden. In den nächsten Tagen käme das Geld«, berichtet einer der Arbeiter.
Am 25. September wurde die Mall bereits mit großem Brimborium eingeweiht, die Löhne stehen noch immer aus. Insgesamt betragen die ausstehenden Lohnkosten rund 30 000 Euro. Für den Bauherrn der Mall, die »Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH« wäre das eher ein Betrag aus der Portokasse; für die rumänischen Bauarbeiter ist es Geld, das sie dringend für sich und ihre Familien in der Heimat brauchen. »Wir sind teilweise obdachlos und haben Hunger«, erklärt einer der Betroffenen.
Doch bisher will niemand für die ausstehenden Gelder verantwortlich sein. Der Bauherr erklärt, er habe die Gelder an die Subunternehmen »Metatec-Fundus GmbH & Co. KG« aus Kreuzberg, sowie »Openmallmaster GmbH« aus Frankfurt am Main gezahlt. Doch dort ist niemand erreichbar. Im Internet wird eine »Law-Factory« in Frankfurt/Main als Kontaktadresse für die »Openmallmaster GmbH« verwiesen, doch die in dem Gebäude befindlichen Rechtsanwälte wollen den Namen des Subunternehmens noch nie gehört haben.
Der FAU-Pressesekretär Stefan Kuhnt betont, dass der Kompetenzstreit nicht auf dem Rücken der geprellten Beschäftigten ausgetragen werden kann. »Der Bauherr «Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH» trägt durch die Vergabe der Subverträge an diese Firmen eine Mitverantwortung. Er soll die ausstehenden Löhne bezahlen«, so Kuhnt. Unter change.org kann diese Forderung durch eine Petition unterstützt werden. Sollte sich das Unternehmen taub stellen, werden die Proteste weitergehen, kündigten die Arbeiter an. »Die Kollegen sind sehr motiviert«, betont Kuhnt. Neben den Protesten vor der »Mall of Berlin« wollen die Arbeiter die gesamte Woche vor dem Büro des Bauherren Andreas Fettchenhauer und ebenso vor dem des Investors Harald Huth protestieren, gab die FAU bekannt.
»Wir sind bereit, den Protest fortzuführen. Ich bezweifle, dass die bemüht weiße Weste des Investors mit nur ein paar Flecken davonkommt, wenn er nicht dafür sorgt, dass die Mall-Arbeiter ihr Geld erhalten«, so Nina Matzek, Sekretärin der FAU Berlin. Dann werden die Kunden bei ihrem Weihnachtseinkauf weiter darüber informiert werden, dass den rumänischen Bauarbeitern, die sowieso schon geringen Löhne verweigert werden.
Für Samstag ruft die FAU Berlin zu einer Demonstration um 14 Uhr am Leipziger Platz auf. Mit der Demonstration wollen sie einerseits das Anliegen der Arbeiter artikulieren, die Löhne zu bezahlen und sich andererseits auch gegen die generelle Ausbeutung migrantischer Arbeiter einsetzen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.