Grüne wollen City Tax für Sportstätten nutzen

Mit Steuereinnahmen soll der Sanierungsstau in Turnhallen, Sportplätzen und Schwimmbädern aufgelöst werden

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei allem Getöse um eine mögliche Olympia-Bewerbung gerät leicht der Ist-Zustand der Sportstätten aus dem Blick: Auf 300 Millionen Euro beläuft sich der Sanierungsbedarf - nach konservativer Berechnung.

In vielen Berliner Sportstätten mangelt es. Im Moabiter Poststadion beispielsweise gibt es zurzeit keinen Platzwart. An anderer Stelle muss eine Schulsporthalle gar wegen Einsturzgefahr geschlossen werden. Schwimmunterricht, das beklagen viele Eltern, fällt aus. Vom Zustand der sanitären Anlagen in vielen Sportstätten ganz zu schweigen. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf konnte wegen Personalmangels nicht einmal die bescheidenen Mittel aus dem Sportstätten-Sanierungsprogramm des Senats abrufen, weil keine Ingenieure zur Umsetzung der Baumaßnahmen zur Verfügung standen.

Solche Probleme und Klagen hört die sportpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, Anja Schillhaneck, immer wieder. Nach konservativer Schätzung, gestützt auf Zahlen des Landessportbundes (LSB), beläuft sich der Sanierungsbedarf bei den Sportstätten in Berlin derzeit auf 300 Millionen Euro. »Realistisch gesehen liegt der Bedarf aber bei 500 Millionen Euro«, sagt Schillhaneck. In diese Rechnung sind energetische Sanierungen und zeitgemäße »Standard«-Ausstattungsvorgaben der Sportfachverbände mit einbezogen. So bekam der Rollerskating-Verband, der in Berlin einen Wettbewerb veranstalten wollte, aus der Hauptstadt eine Absage. Es gebe zwar Trainingsflächen, aber keine zeitgemäße Wettbewerbsfläche, hieß es.

Viele der rund 600 000 Vereinsmitglieder in Berlin rechnen nun damit, dass bei einer möglichen Olympia-Bewerbung Berlins für die Sommerspiele 2024 oder 2028 die Probleme behoben werden. »Die Hoffnung, mit der Olympia-Bewerbung würden alle bezirklichen Sportstätten saniert werden, gehört ins Reich der Legenden«, sagt Schillhaneck. Sie selber lehnt Olympia zwar nicht grundsätzlich ab, kann in diesem »Großereignis« auch einen »Hebel« erkennen, um die Sanierungsproblematik aufzubrechen. Doch angesichts der aktuellen erneuten Verzögerungen beim BER und der in der Schwebe befindlichen Reformbestrebungen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ist die sportbegeisterte Grüne eher skeptisch. »Die Begeisterung bleibt im Hals stecken«, sagt Schillhaneck. Die Grünen wollen im kommenden Frühjahr schauen, wie sie sich zu Olympia verhalten. Auf der letzten Landesdelegiertenkonferenz war eine Entscheidung zu Olympia vertagt worden.

Und was ist, falls die Olympia-Bewerbung kann nicht erst ins Rollen kommt oder später scheitert? Die großen Probleme in den Sportstätten, vor allem auf Bezirksebene, bleiben weiter ungelöst, meinen die Grünen. Daran werde wohl auch der neue Investitionsfonds nichts ändern, auf den sich die Koalitionsparteien SPD und CDU vor kurzem einigen konnten. Den Grünen schwebt deshalb ein anderes Konzept vor: »Wir wollen die Einnahmen aus der City Tax für die Sportstätten nutzen«, sagt Schillhaneck. Durch energetische Sanierungen könnten dabei auch zusätzliche Gelder erwirtschaftet werden, die die Investitionen später refinanzieren. Hierzu haben die Grünen in der Vergangenheit immer wieder Konzepte vorgestellt.

Dass eine landeseigene Sportanlagengesellschaft besser geeignet ist, die Sportstätten zu betreiben, glaubt Schillhaneck dagegen nicht. Vereine bräuchten Ansprechpartner wie die Sportstadträte vor Ort. »Es gilt, die Bezirke zu stärken.« Außerdem sollten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Berliner selbst aktiv Sport treiben könnten. Vor allem für Kinder und Jugendliche.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.