Zeit, auf die Straße zu gehen
Anke Stefan über die Lage der Linken in Griechenland
»Die Zukunft hat bereits begonnen. Seid optimistisch und fröhlich«, forderte Alexis Tsipras unmittelbar nach dem Scheitern der Präsidentschaftswahl, das in eine vorgezogene Parlamentswahl am 25. Januar münden wird. Angesprochen hat der wahrscheinliche nächste Ministerpräsident Griechenlands damit vor allem die Linken im eigenen Land, aber auch in Europa. Denn eine so grundlegende Änderung der Politik eines EU-Mitgliedslandes, wie sie Tsipras für Griechenland versprochen hat, wird nur mit starkem Druck der in- und ausländischen Linken gegenüber den starken Vertretern der Austeritätspolitik durchzusetzen sein.
Dieser Druck muss sich nicht nur gegen Merkel, Schäuble und Co. richten. Denn die von SYRIZA ausgehenden Signale deuten stark darauf hin, dass Tsipras weniger auf die sozialen und politischen Bewegungen, als vielmehr auf etablierte Kräfte in Staat und Gesellschaft setzt, um seine Ziele zu erreichen. Weil die Kommunistische Partei Griechenlands, KKE, jede Zusammenarbeit mit einer möglichen Linksregierung verweigert, setzt die SYRIZA-Führungsriege auf Stimmen und Koalitionspartner aus dem »gemäßigten« sozialdemokratischen Lager. Ganz oben auf der Agenda steht eine Wiedervereinigung mit DIMAR, deren Gründer erst 2010 das Linksbündnis SYRIZA verlassen hatten. Auch die programmatischen Unterschiede zwischen dem radikalen SYRIZA-Wahlprogramm von 2012 und den jetzigen Ankündigungen legen die Vermutung nahe, SYRIZA könnte, von den Gläubigern unter Druck gesetzt, einknicken.
Dagegen gilt es klar zu machen, dass dies von den Menschen im Lande und in Europa, die auf einen wirklichen Wandel hoffen und zu immer größerem Teil auch angewiesen sind, nicht geduldet wird. Optimistisch in die Zukunft blicken können sie nur, wenn sie das ihre dafür tun, dass dieser auch umgesetzt wird. Und zwar auf der Straße und nicht nur an der Urne.
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