Rechtspartei AfD streitet über Führungsstruktur
Lucke bekommt Unterstützung von Henkel / Protestbrief von Vorständen: Kritik an Luckes »Alleingang«
Berlin. Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Hans-Olaf Henkel stellt sich hinter Parteichef Bernd Lucke und dessen Pläne, sich allein den Posten des Vorsitzenden zu sichern. Die Partei gebe zurzeit oft ein schlechtes Bild ab, weil die bislang drei Sprecher Gegensätzliches von sich gäben, sagte Henkel dem »Tagesspiegel am Sonntag«. Dieses Modell habe sich »nachhaltig nicht bewährt«.
»Die Kakophonie der letzten Wochen liefert den Beweis dafür, dass Lucke richtig liegt«, sagte Henkel. Kein Orchester werde von drei Dirigenten geleitet, kein Fußballverein von drei Cheftrainern. Im übrigen müsse die Mitunterzeichnerin eines Protestbriefes an Lucke, Frauke Petry, erklären, warum die AfD in 15 von 16 Landesverbänden mit einem Vorsitzenden auskomme - unter anderem in dem von ihr geführten in Sachsen -, ihr das auf Bundesebene aber als unzumutbar erscheine.
Führende AfD-Mitglieder hatten Lucke aufgefordert, seine Pläne für eine Ein-Mann-Parteispitze zu begraben. In ihrem Schreiben drücken die Vorstandsmitglieder Petry, Konrad Adam und Alexander Gauland, NRW-Landeschef Marcus Pretzell und die Europaabgeordnete Beatrix von Storch ihre Verärgerung über Luckes »Alleingang« aus. Bislang teilt sich dieser den Vorsitz mit Adam und Petry.
Lucke - das bekannteste Gesicht der AfD - hatte am 26. Dezember gegen den Willen von Petry und Adam zu einer Kreisvorsitzendenkonferenz in Frankfurt am Main eingeladen. Dort will er über die in Bremen angestrebte Satzungsänderung sprechen. »Der eine oder andere mag sich fragen, was als nächstes statt durch Überzeugung mit Drohung gegen die Mitglieder durchgesetzt wird«, heißt es in dem Brief an Lucke.
In dem Schreiben drücken die Unterzeichner außerdem ihre Genugtuung darüber aus, dass die Partei Zulauf von Menschen mit Überfremdungsängsten erhalten hat: »Es sind Menschen, die Zuwanderung nicht allein nach wirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern auch im Sinne einer kulturellen Verträglichkeit gesteuert sehen möchten. Es sind Menschen, die eine islamische Überfremdung fürchten.«
Lucke will die Satzung so ändern lassen, dass es künftig nur noch einen Parteivorsitzenden gibt. Die Autoren des Briefes lehnen das ab. Sie fordern ihn auf, sich in der Öffentlichkeit künftig auf die Themen EU-Strukturreform und Euro-Rettungspolitik zu konzentrieren. Außenpolitische Themen, die Frage der Zuwanderung und Bürgerrechtsfragen solle er besser anderen, »gleichberechtigten Repräsentanten« in der Parteispitze überlassen.
Die Einladung an die Kreisvorsitzenden, Bezirksvorsitzenden und Landesvorsitzenden der AfD hatte Lucke gemeinsam mit Gustav Greve, einem der vier Beisitzer im Bundesvorstand, verschickt. Darin heißt es: »Wir glauben, dass es im Interesse eines erfolgreichen Bundesparteitags wichtig ist, die Verantwortungsträger der Partei rechtzeitig über anstehende Entscheidungen und Prozesse zu informieren und uns über Ihre Einschätzung der Lage und der Entwicklung der AfD auszutauschen.«
Die Unterzeichner des Protest-Schreibens fordern nun ein klärendes Gespräch in Frankfurt kurz vor der Kreisvorsitzendenkonferenz. Sollte sich Lucke dem Prinzip der Teamarbeit verschließen, könne leicht der Eindruck entstehen, bei der Konferenz solle nicht über die neue Satzung diskutiert werden, sondern die Funktionsträger der AfD sollten »auf Linie gebracht« werden, warnen sie.
Auch außerhalb der Führungsriege regt sich Widerstand. Allein zur Tagesordnung des Parteitags gingen Dutzende von Änderungsanträgen ein. Unter anderem wird bemängelt, dass Lucke vor der Abstimmung über die Satzung eine »persönliche Erklärung« abgeben will.
Luckes Einladung nach Frankfurt hatte auch bei Parteimitgliedern unterhalb der Führungsebene für Verwunderung gesorgt. Eines fragte in der Berliner Parteizentrale an: »Handelt es sich hierbei um eine offizielle Veranstaltung des AfD Bundesverbandes?« Die Antwort, die er von Vorstandsmitglied Adam erhielt, offenbart, wie tief der Riss in der Führung inzwischen ist. Adam schrieb: »Bernd Lucke hat allein, ohne Rücksprache und ohne Zustimmung mit uns, gehandelt.« dpa/nd
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