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Lob für Idee: Gedenktag für DDR-Opfer

Ramelow warnt aber vor nur terminlicher Aufarbeitung

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist deutlich zu spüren, dass Bodo Ramelow (LINKE) sich vorgenommen hat, nichts zu sagen an diesem Abend. Er weiß, dass alle Augen und Ohren auf ihn gerichtet sind; darauf, wie er sich nun verhalten wird, da er das erste Mal als Thüringer Ministerpräsident an einer Podiumsdiskussion teilnimmt, die das staatliche Unrecht in der DDR thematisiert. Ramelow will den SED-Opfern und Bürgerrechtlern zuhören. So, wie er es in den vergangenen Monaten immer wieder angekündigt hat. Seinen Vorsatz kann er allerdings nur solange durchhalten, bis ihn - vor den Augen und Ohren aller - die einstige Lebensgefährtin von Matthias Domaschk anspricht. Domaschk war 1981 unter mysteriösen Umständen im Untersuchungsgefängnis der Stasi in Gera ums Leben gekommen.

Dass dieser Diskussion eine besondere symbolische Bedeutung zukommt, wird beim Blick ins Publikum offenbar. Zu dem, was unter dem Titel »Nach dem Sturm« an die Besetzung der Stasizentralen im Land erinnern soll, sind neben Ramelow auch viele andere gekommen, die im Freistaat zentrale politische oder gesellschaftliche Funktionen bekleiden - unter anderem der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Manfred Aschke, sowie Landtagspräsident Christian Carius (CDU).

Letzterer unterbreitet einen Vorschlag: Er spreche sich »ausdrücklich für die Schaffung eines bundesweiten Gedenktags für die Opfer des SED-Regimes aus«. Gleichzeitig würdigt Carius erneut den Mut der Aktiven der friedlichen Revolution von 1989. Das erste Zeichen des Abends setzt Ramelow, als er nach dem offiziellen Ende der Diskussion vorsichtige Zustimmung zu diesem Vorstoß äußert. Die Idee sei »eine berechtigte Überlegung«, sagt er. Allerdings dürfe das nicht dazu führen, dass die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte nur noch an einem einzigen Gedenktag stattfinde. »Man darf nicht glauben, dass damit dann alles erledigt wäre«, sagt Ramelow - und bekräftigt damit indirekt, was zuvor auch der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, gefordert hatte: Dass in Zukunft viel stärker aufgearbeitet werden müsse, wie der einzelne DDR-Bürger innerhalb des SED-Regimes funktioniert habe. Man dürfe nicht mehr so fokussiert wie bislang auf die Stasi schauen. »Wo haben wir selber uns bewegt in diesem System? Wo hätten wir früher Nein sagen können?«, fragt Jahn.

Das zweite Zeichen Ramelows an diesem Abend ist noch emotionaler. Domaschks einstige Lebensgefährtin - eine Frau namens Renate Ellmenreich, die eine Tochter von Domaschk hat - hatte Ramelow kurz nach seiner Wahl zum Regierungschef einen Brief geschrieben, in dem sie um seine Hilfe dabei bittet, die mysteriösen Todesumstände des damals 23-Jährigen aufzuklären. Ramelow, sagt sie nun, habe dieses Schreiben noch nicht beantwortet. Sie bitte ihn sehr, das noch zu tun.

Da kann Ramelow nicht mehr schweigen. Wortreich erklärt er, er kenne den Brief, habe aber aus organisatorischen Gründen noch nicht antworten können, wolle das aber unbedingt tun. Kaum ist der offizielle Teil der Diskussion zu Ende, holt er Ellmenreich zu sich und spricht mit ihr und Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) etwa 15 Minuten lang über den Fall sowie die Chancen und Hürden von dessen juristischer und politischer Wiederaufnahme.

Ellmenreich zeigt sich danach »positiv überrascht«. Ramelow persönlich, sagt sie, nehme sie den ehrlichen Willen zur Aufarbeitung des SED-Unrechts ab. Seiner Partei auch? »Nein!«

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