Geheimdienste lassen sich nicht widerlegen

Markus Mohr über ein umstrittenes Seminar der Böckler-Stiftung

  • Markus Mohr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die DGB-nahe Hans-Böckler-Stiftung beabsichtigt, Ende Februar in Düsseldorf ein Bildungsseminar über die Geschichte und die Folgen des »Rechtsterrorismus in der BRD« durchzuführen. Dafür werden GesprächspartnerInnen angekündigt, die zu dem Thema auf ganz unterschiedliche Weise als kompetent angesehen werden können, unter ihnen der Antisemitismusexperte und Göttinger Politikprofessor Samuel Salzborn und der Altstipendiat Horst Lahmann, inzwischen ein leitender Mitarbeiter des Niedersächsischen Verfassungsschutzes. Die Genannten sollen sich, so die Ankündigung, in einer Diskussion anhand der Stichworte »Prävention« und »Intervention« über die zukünftige Rolle des Verfassungsschutzes verständigen.

Mit diesem Seminar ignoriert die Abteilung Studienförderung sämtliche Beschlusslagen der Böckler-Stipendiaten aus den vergangenen Monaten. Diese hatten - auch unter dem Eindruck der Enthüllungen über die Rolle der Verfassungsschutzämter beim Thema NSU - einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit und Kommunikation mit diesen Behörden eine gut begründete Absage erteilt. Ganz zurecht sind nun sowohl das Leitungskollektiv der Promovierenden als auch das Bundeskollektiv »sehr erstaunt und verärgert«, dass sich die Abteilung Studienförderung über diese Beschlüsse hinwegsetzt. Sie befürchten, dass mit diesem Seminar der Versuch der Verfassungsschutzbehörden unterstützt wird, sich auch für die Zukunft »einen bundesweiten Bildungsauftrag« anzumaßen.

Dennoch halten die bei der Böckler-Stiftung Zuständigen offenbar unbeeindruckt an dem Seminar in der geplanten Ausrichtung fest und haben alle Stipendiaten zu einer Anmeldung aufgefordert. Stipendiatenvertreter rufen nun zu einer »kritischen Auseinandersetzung mit dem Seminar« auf.

Nur: Eine grundsätzlich immer richtige »kritische Diskussion« ist mit Vertretern einer Institution, denen das Recht zusteht, intransparent zu agieren, eine logische Unmöglichkeit. Im Klartext: Der Geheimdienst hat das Recht zu lügen und muss davon Gebrauch machen, wenn ansonsten sein Arbeitsauftrag gefährdet ist. Die von ihm in der Öffentlichkeit gestreuten Informationen sind gefiltert und nicht überprüfbar. Insofern ist es sinnlos, jemandem, der auch noch das Recht hat zu lügen, zu widersprechen. Ein Geheimdienst kann nicht argumentativ widerlegt werden. Alle, die diesen Versuch trotzdem unternehmen, führen sich mit ihrem Anliegen selbst an der Nase herum.

Protest gegen das Seminar kommt nun auch von eingeladenen Referenten. Die Kölner Initiative »Keupstraße ist überall« verweigert ihre Beteiligung, wenn der Verfassungsschützer Horst Lahmann nicht ausgeladen wird - und erhöht damit den Druck auf die gewerkschaftsnahe Stiftung.

Wenn man aber nun doch auf einem Seminar zum »Rechtsterrorismus« in der Bundesrepublik offiziell mit Vertretern des Verfassungsschutzes nicht nur irgendwie zusammensitzen, sondern auch noch diskutieren muss, wie könnte das im Ergebnis aussehen? Womöglich so, wie der »Ton, Steine, Scherben«-Schlagzeuger Nikel Pallat 1971 in einer WDR-Sendung eine Diskussion zu dem Verhältnis von Kapitalismus und Jugendlichen beendete: mit einer Axt und einem zerstörten Tisch?

Markus Mohr ist ehemaliger Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung und nd-Bewegungskolumnist.

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