Keine Abschiebungen nach Ungarn

Berliner Gericht kritisiert Asylpraxis Ungarns und stoppt alle geplanten Abschiebungen

  • Lesedauer: 2 Min.
Laut Dublin III dürfen Geflüchtete Asyl nur in dem Land beantragen, welches sie als erstes betraten. Im Falle Ungarns änderte ein Deutsches Gericht diese Praxis. Zu unmenschlich ist dort der Umgang mit Flüchtlingen.

Berlin. Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Asylpraxis Ungarns scharf kritisiert und Abschiebungen in das EU-Land vorerst gestoppt. Zur Begründung hieß es in einem am Montag veröffentlichten Beschluss des Gerichts, Ungarn verstoße mit seiner Praxis, Asylbewerber »nahezu ausnahmslos in Asylhaft zu nehmen«, gegen die EU-Grundrechtecharta und das individuelle Recht auf Freiheit. Damit stoppte das Gericht in einem Eilverfahren die Überstellung eines syrischen Flüchtlings nach Ungarn.

Laut Verwaltungsgericht leidet das Asylverfahren in Ungarn an systemischen Mängeln. Aus dem gleichen Grund hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bereits 2011 Abschiebungen innerhalb der EU nach Griechenland untersagt.

In seiner Beurteilung stützt sich das Gericht auf aktuelle Berichte unter anderem des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen, des Auswärtigen Amtes und der Nichtregierungsorganisation ProAsyl. Diese belegten, dass Ungarn Asylbewerber ohne Angabe von Gründen zum Teil bis zu sechs Monate inhaftiere, ohne dass dies tatsächlich notwendig sei.

Dies gelte vor allem für Ausländer, die aus anderen EU-Staaten nach Ungarn abgeschoben werden. Zudem werde Flüchtlingen die individuelle Überprüfung der Inhaftierung regelmäßig vorenthalten. Auch eine gesetzlich vorgesehene Kontrolle werde oftmals erst nach zwei Monaten durchgeführt und beschränke sich auf eine durchschnittlich nur drei Minuten dauernde Anhörung.

Nach den Regeln der sogenannten Dublin-III-Verordnung ist für innerhalb der EU gestellte Asylanträge grundsätzlich der Mitgliedstaat zuständig, den der Flüchtling als erstes betritt oder in dem er zuerst um Schutz nachsucht. Flüchtlinge, die anschließend in einem anderen EU-Mitgliedstaat Asyl beantragen, werden daher in der Regel an den Ersteinreisestaat verwiesen und können dorthin abgeschoben werden.

In Ausnahmefällen muss der zweite Mitgliedstaat das Asylverfahren selbst durchführen, etwa wenn das Asylverfahren im Erstaufnahmestaat an Mängeln leidet. Der Gerichtsbeschluss ist nicht anfechtbar, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts weiter. epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.