Asymetrische Erfahrungswerte
Holocaust-Gedenktag, Buchenwald und das Geschichtsbild der Thüringer AfD
Rückwärts gewandt zu sein – das ist der Gründungsimpuls der Alternative für Deutschland. Wagen sich die Rechtspopulisten über ihr Kernthema »Zurück zur D-Mark« hinaus, verfestigt sich dieser Eindruck rasant. Jetzt wollte die Thüringer AfD-Fraktion am Holocaust-Gedenktag einen Kranz in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald niederlegen. Für alle Opfer »des Konzentrations- und Speziallagers«, also für jene des NS-Vernichtungslagers, wie auch für die Insassen des nach dem Krieg von der sowjetischen Besatzungsmacht betriebenen Speziallagers, darunter Naziverbrecher.
Gegen solche geschichtsklitternde Gleichsetzung hat sich die Leitung der Gedenkstätte schon oft gewehrt. So auch diesmal: Das AfD-Ansinnen wurde abgelehnt. Die Antwort des ansonsten gern schneidigen AfD-Fraktionschef Höcke mit Faible für Pegida ist so erschreckend wie vielsagend: Man habe als Partei noch nicht am Gedenken für NS-Opfer teilgenommen und »deshalb auch keine Erfahrungswerte«. Eine selten dämliche Ausrede. Denn Höcke ist von Beruf Geschichtslehrer und Oberstudienrat. Was hat jemand, der locker Faschismus und Nachkriegszeit verwischt, seinen Schülern eigentlich beigebracht? Und welche »Erfahrungswerte« besitzt ein Politiker, der im vorrangigen Gedenken an die Opfer des NS-Mordregimes eine »gewisse Asymmetrie der Erinnerungskultur« sieht?
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.