Imageschaden beim FC Bayern

Teil 2 der ND-Serie zu Sport und Nationalsozialismus: Bei Ausstellungseröffnung zur NS-Zeit bleibt das Münchner Spiel in Saudi-Arabien ein Thema

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.
Eigentlich sollte es um die Ausstellung »Kicker, Kämpfer und Legenden - Juden im deutschen Fußball und beim FC Bayern München« gehen. Doch an der Debatte um ein Testspiel kamen die Bayern in ihrer Arena nicht vorbei.

Eigentlich sollte es um die Ausstellung »Kicker, Kämpfer und Legenden - Juden im deutschen Fußball und beim FC Bayern München« gehen, kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz an diesem Dienstag. Doch an der Debatte um den Trip zu einem Testspiel nach Saudi-Arabien kamen die Bayern in ihrer Heimarena auch am Montag nicht vorbei. Immer wieder wurde der Umgang mit der heftig kritisierten Reise vor zehn Tagen in das autokratische Land nach dem Trainingslager in Katar zum Thema.

Karl-Heinz Rummenigge hatte sich darauf eingestellt und versuchte, den Imageschaden zu korrigieren. Den 21-Stunden-Trip hält er dabei weiter für vertretbar. Es sei »in erster Linie die Aufgabe der Politik, Dinge zu tun, dass die Gesellschaft in die richtige Richtung läuft«, sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, ehe er einschränkte: »Aber der Fußball ist da gesellschaftspolitisch in der Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, dass auch wir die Stimme erheben.« Rummenigge bemühte zudem einen gewagten Vergleich. »Es wird in vielen Ländern gegen Menschenrechte verstoßen, unter anderem bei einem Verbündeten, den USA. Guantanamo, Todesstrafe - das sind die Stichworte«, sagte er, »wo darfst du in Zukunft noch hinreisen? Und wohin nicht? Das ist schwierig zu beantworten. Aber wir werden uns dem Thema sensibel stellen.« Boykotts aus politischen Erwägungen halte er für wenig zielführend. »Ich finde es besser, Dinge anzusprechen als zu boykottieren«, sagte Rummenigge.

Sport und Nationalsozialismus

Teil 1: Ein gelber Stern auf dem Trikot - Der Film »Liga Terezín« berichtet über Fußball im KZ

Teil 3: Das Loch in Leipzigs Sportgeschichte - Ein Fußball-Fanprojekt sucht nach jüdischen Schicksalen

Teil 4: Der Herr Katzmann war mein Kamerad - Der Auschwitz-Überlebende Justin Sonder erinnert sich dank eines nd-Artikels an seinen besten Lehrer

Genau daran hatte sich die Kritik entzündet, unter anderem von Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, mit der Rummenigge die Ausstellung nun eröffnete. Ihr zufolge hätten die Münchener »vorab auf die grausamen Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien mit treffsicheren Statements hinweisen können«.

Dieses Versäumnis hat der FC Bayern inzwischen eingeräumt. Den Grund für das Schweigen blieb man bislang aber schuldig. Vermutlich lag es daran, dass Volkswagen, über die Audi AG mit 8,33 Prozent Anteilseigner am Klub, den Zwischenstopp in Riad mit einem wohl siebenstelligen Betrag gesponsert hatte. Trainer Pep Guardiola sagte dort, der Besuch sei »eine Ehre«.

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hatte die Münchner deshalb scharf angegriffen: »Bei den Bayern schlägt Kommerz Ethik. Ich frage mich, wie Kurt Landauer heute das Verhalten seines FC Bayern sehen würde, sich in wichtigen ethischen Prozessen der Meinungsbildung völlig zu entziehen.«

Landauer war ein jüdischer Präsident des FC Bayern, der Opfer der Nationalsozialisten wurde, nach dem Krieg aber noch einmal in sein Amt zurückkehrte. Er stand früh für Weltoffenheit und Liberalität - und mit ihm der FC Bayern. Landauer war im Verein allerdings lange in Vergessenheit geraten, erst die Ultragruppierung »Schickeria« stieß den Klub zum Gedenken an. Nun sind Landauers Biografie, sein Leben und Leiden in der Nazi-Zeit Teil der Ausstellung bis zum 12. April, die erstmals nach der WM 2006 gezeigt und nun um Exponate des FC Bayern ergänzt wurde. Darunter auch die Biografien der weiteren 30 Vereinsmitglieder, die Opfer der Nazis wurden. Nach Landauer soll nun ein Platz vor der Arena benannt werden.

Bei der Ausstellungseröffnung ließ Rummenigge erkennen, dass er nur bedingt Verständnis für die massive Kritik der vergangenen Tage aufbringt. Weil in der Winterpause der Bundesliga wenig geschehen sei, müssten sich »die Medien und auch die Öffentlichkeit dann mit irgendwas beschäftigen«. Seiner Meinung nach, habe sich der Verein dem Thema seriös gestellt und sei entspannt damit umgegangen. Er wisse zudem nicht, »ob es besser gewesen wäre, dort nicht zu spielen. Es sind ja auch Fans dort, die den FC Bayern sehen wollen. Und nicht nur Politiker.«

Knobloch verzichtete auf neuerliche Kritik, stattdessen lobte sie den Verein für sein Engagement in Bezug auf seine jüdische Geschichte. »Sport verbindet, man kann in der Erinnerungskultur viel erreichen. Der FC Bayern macht das vorbildlich«, sagte sie. Zuvor hatte Knobloch den Trip nach Saudi-Arabien und das Eintreten für wichtige Werte indirekt noch so treffend verknüpft: »Ich möchte auch nicht in einer Gesellschaft leben, die ständig von Zivilcourage redet, aber in dem Moment, in dem es darauf ankommt, den Kopf in den Sand steckt.« Der saudische Sand blieb im Bayern-Museum heiß.

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