Manschetten gegen Bandagen in Athen

Griechenland zeigt sich gegenüber Gläubigern verhandlungsbereit / Schuldenschnitt aber nicht in Sicht

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Regierung in Athen empfängt kurz nach Amtsantritt einen EU-Vertreter nach dem anderen. Kompromisse haben sie offenbar nicht im Gepäck.

Noch vor seinem Wahlsieg und der Übernahme der Regierungsgeschäfte in Griechenland machte Alexis Tsipras unmissverständlich klar, dass er von der Kürzungspolitik der letzten Jahre nichts hält. Doch er verkündete vor allem in den letzten Wochen zugleich, mit den Geldgebern und der Gläubigertroika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds in Verhandlungen treten zu wollen, wenn auch mit harten Bandagen. Von dem Linkspolitiker wird nun in Griechenland erwartet, dass er liefert.

Der erste EU-Vertreter, der seit dem Regierungswechsel nach Athen reiste, war nun Martin Schulz. Der EU-Parlamentspräsident sagte nach einem Gespräch mit Tsipras am Donnerstagnachmittag, es sei begrüßenswert, dass die Regierung Steuerhinterziehung und Korruption im Land bekämpfen wolle. Vor der Unterredung klang das noch ganz anders. Schulz kündigte in der »Bild«-Zeitung an, mit Tsipras »Tacheles« zu reden.

Der Ministerpräsident wollte dem deutschen Sozialdemokraten dagegen erklären, wie der Teufelskreis immer neuer Kredite, in dem sich Griechenland befinde, durchbrochen werden könne. »Wir werden sachlich und nicht im Stil der Boulevardpresse miteinander reden«, sagte ein hoher Funktionär der neuen Regierung der Deutschen Presse-Agentur.

Die Regierungskoalition aus der Linkspartei SYRIZA und der nationalkonservativen ANEL erneuerte die Forderung nach einer Schuldenkonferenz zur Neuregelung des Schuldenabbaus. Dazu werde Tsipras’ Regierung eine Liste mit Vorschlägen vorlegen. Wie verlautete, strebt Athen nicht mehr unbedingt einen Schuldenschnitt an, den alle EU-Institutionen bisher ablehnen. Auch Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung spricht sich gegenüber »nd« gegen die Streichung von Schulden aus. Aber: »Man muss sich eingestehen, dass die Kombination aus Sparmaßnahmen und Strukturreformen, die das Wachstum belastet hat, gescheitert ist«, so der Ökonom.

Griechenland drängt nun offenbar darauf, den Schuldenabbau an eine Wachstumsklausel zu koppeln. Dies scheint eher durchsetzbar, betrachtet man die jüngste Äußerung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der französischen Zeitung »Le Figaro« sagte er, dass gewisse »Arrangements« möglich seien.

Griechenlands neue Führung wird von den EU-Partnern auch in anderen Fragen mehr als kritisch beäugt. Unmut wurde etwa über die Kritik an einer Erklärung zur möglichen Ausweitung der Russland-Sanktionen geäußert. EU-Parlamentspräsident Schulz sagte im ZDF, er habe »keinen Bock, ideologische Debatten zu führen mit einer Regierung, die gerade mal zwei Tage im Amt ist«.

Anders zeigten sich die USA. Präsident Barack Obama gratulierte Tsipras in einem Telefonat und kündigte eine enge Zusammenarbeit mit seiner Regierung an. Seiten 2, 4 und 7

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