Werbung

Sieben Tage, sieben Nächte

Wolfgang Hübner denkt über Bildung, Schule und ehrgeizige Eltern nach

Frau Müller muss weg, das haben wir inzwischen alle zur Kenntnis genommen. Der Film, beruhend auf einem erfolgreichen Theaterstück, schildert einen Elternabend, bei dem ehrgeizige Mütter und Väter die Klassenlehrerin ihrer Kinder wegmobben wollen. Dass der Film ein Kassenschlager werden würde, war einigermaßen klar, denn mit Schule kennt sich ja irgendwie jeder aus. Als Mutter oder Vater oder Lehrerin oder Lehrer, als Ex-Schüler oder Großmutter oder Großvater, als Anwohner eines Schulgeländes oder als besorgter Bürger oder als sonstwas. In den Charts schoss der Film nach oben; der nd-Rezensent empfand ihn als »gelungene Komödie« mit »schmerzbefreitem Ende«, in der die Grundangst der bürgerlichen Mittelschicht anklinge, »die sich nach oben strecken muss, um nicht nach unten gestoßen zu werden«.

Das ist schön herausgearbeitet, und eben weil es um die Mitte geht, um deren Beherrschung sich in der Politik alle streiten, und eben weil es beim Thema Bildung ja nur Betroffene gibt, manche sogar zutiefst betroffen, haben sich einige Redaktionen noch etwas mehr ausgedacht. Erlebnisberichte von traumatischen Elternabenden wurden aufgeschrieben, die davon handeln, dass erwachsene Menschen abends stundenlang demütigend in zwergenhaftes Grundschulmobiliar genötigt werden (im Folterbericht der US-Regierung heißt so etwas Fixierung in Stressposition), beaufsichtigt von einer Lehrerin, die natürlich auf einem Erwachsenenstuhl thront.

Abgesehen von den unerfreulichen Details ist aber ein Elternabend eigentlich keine schlechte Sache, die auch außerhalb von Schulen eine Überlegung wert wäre. Wir könnten beispielsweise die Eltern der nd-Mitarbeiter einladen, am besten sonnabends, wenn sonst niemand da ist. Die Eltern könnten einander kennenlernen und darüber sprechen, ob ihre Kinder hier am Franz-Mehring-Platz gut aufgehoben sind. Sie könnten die Atmosphäre begutachten, in der ihre Kinder arbeiten, denn mal ehrlich: Kinder bleiben doch für ihre Eltern zeitlebens Kinder. Immer. Und ewig. Und es kommt ja vor, dass die Kinder ihren Eltern nicht allzu viel erzählen. So dass Mutter und Vater ein ganz falsches Bild haben. Oder gar keins.

Das alles könnte bei einem zünftigen nd-Elternabend kompensiert werden. Die Eltern könnten dann auch die Schreibtische ihrer Kinder besichtigen. Dann würden sie sehen, ob sie bei der Erziehung alles richtig gemacht haben. Sie könnten sich bei der Gelegenheit gleich noch ein paar Redaktionskühlschränke anschauen oder Sehenswürdigkeiten wie die Geschirrecke und die Mikrowelle.

Das kann schöne Effekte haben. Zum Beispiel, dass es beim nächsten Familientreffen ein ganz neues Gesprächsthema gibt. Ehrlich, wir denken mal darüber nach. wh

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal