Pegida in Newcastle unwillkommen
Nordenglische Stadt vor dem ersten Marsch der Bewegung in Großbritannien
Die Botschaft der Bewohner von Newcastle ist eindeutig: »In unserer Stadt seid ihr nicht willkommen.« An diesem Samstag wird in der nordenglischen Stadt die erste Demonstration der Antiislambewegung »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) auf britischem Boden stattfinden. Die Gegner der rechtspopulistischen Antiislamprotestler werden ebenfalls durch die Straßen der Stadt am Fluss Tyne ziehen. Bis zu 2000 Menschen werden zu einer Gegendemonstration unter dem Motto »Newcastle Unites« erwartet.
Dass nach Schweden, Österreich und anderen europäischen Ländern nun auch in Großbritannien ein Pegida-Marsch stattfinden wird, hat die Briten verunsichert. Bislang hatte man Pegida eher als irritierendes Phänomen aus Deutschland betrachtet, das man zwar registriert, aber sich sonst nicht weiter damit auseinandersetzt. Bis jetzt.
Diese Woche war das Thema Pegida in allen Medien. Unter anderem sah sich die Tageszeitung »Daily Telegraph« genötigt, ihren Lesern in einem 90 Sekunden langen Internetvideo das Phänomen Pegida erst einmal zu erklären.
In Newcastle muss man Pegida hingegen nicht mehr erklären. Die Menschen in der Stadt mit 280 000 Einwohnern möchten zum einen nicht, dass Newcastle mit den rechtspopulistischen Islamkritikern in einem Zug genannt wird. Zum anderen wehren sie sich gegen die Vorstellung, dass dort diese Art rechter Propaganda gut ankomme. Newcastle sei eine freundliche und tolerante Stadt der Zuflucht, sagte Stadtrat David Stockdale der Lokalzeitung »Evening Chronicle« und lobte die kulturelle Vielfalt der nordenglischen Metropole und seiner Bürger: »Pegida zeichnet ein brutal entstelltes Bild des Islams. Es ist wichtig, dass wir dagegen aufstehen. Für mich als Nicht-Muslim ist es wichtig, mich gegen die verdrehten Vorurteile von Pegida auszusprechen.«
Pegida selbst behauptet, Newcastle habe man deshalb ausgewählt, weil sie dort besonders viel Rückhalt in der Bevölkerung bekommen hätten. Das verwundert Beobachter.
Zwar habe es in der Stadt über die Jahre auch immer wieder mal rassistisch motivierte Spannungen gegeben, wurde die Situation im »Chronicle« analysiert. Die Stadt »kann aber auch auf eine stolze Geschichte verweisen, in der für Toleranz und Verständnis gefochten wurde«.
Allerdings muss auch erwähnt werden, dass Pegida nicht die erste rechtsgerichtete und antimuslimische Organisation sein wird, die durch die Straßen Newcastles marschiert, wo der Anteil an Muslimen gerade einmal bei etwa bei 6,3 Prozent liegt. 2013 waren in der Stadt unmittelbar nach dem Mord an dem Soldaten Lee Rigby 1500 Menschen dem Aufruf der rechtsgerichteten English Defence League (EDL) gefolgt, um gegen Islamismus zu protestieren. Es waren dreimal so viele Menschen wie erwartet.
Pegida UK jedenfalls gibt sich im Hinblick auf den Marsch an diesem Samstag zuversichtlich. Die Propaganda auf ihrer Facebook-Seite, der bevorzugten Mitteilungsplattform, wurde noch einmal verschärft und bleibt populistisch und undifferenziert. An all diejenigen gerichtet, die radikalen Islamismus bekämpfen wollen, heißt es da: Es gebe im Wesentlichen drei Feinde - westliche Politiker, westliche Medien und erst dann kämen die Extremisten. Eine andere Mitteilung macht Angst mit Zahlenspielen: Bis 2051 sollen demnach insgesamt 26,1 Millionen Muslime in Großbritannien leben. Bei der letzten Volkszählung 2011 wurden gerade mal 2,2 Millionen gezählt. Das waren 4,4 Prozent der Bevölkerung. Pegida UK hat mit dieser Art der Werbung einen gewissen medialen Erfolg. Knapp 17 000 Menschen folgen der Organisation bei Facebook.
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